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Die WahrheitSprachhitzewelle

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: In Aotearoa tobt mal wieder ein erbitterter Streit um die Maori-Sprache und ihre Präsenz in der Öffentlichkeit.

U nser wohltemperiertes Land hat gerade eine krasse Hitzewelle hinter sich. Jeden Tag um die dreißig Grad – sorry, frierende Winterdeutsche, das muss ich mal kurz einwerfen dürfen; dafür haben wir auch keine Weihnachtsmärkte und keinen Nikolaus und keinen Glühwein und … Jedenfalls ist Hitze die perfekte Überleitung. Denn fast so heiß wie das Wetter ist die Debatte, die in den letzten Wochen rund um „Te Reo“ entfacht wurde.

„Te Reo“ heißt auf Maori übersetzt „die Sprache“. Es ist gleichzeitig der Begriff für die indigene Sprache Aotearoas, die eine der drei offiziellen Landessprachen ist. Viele Maori-Wörter wie „Te Reo“ sind längst in den allgemeinen Wortschatz übergegangen. Zum Beispiel „hui“ für eine Versammlung, „Pakeha“ für die weißen, europäischstämmigen Landsleute, „whanau“ für den größeren Familien- und Freundesclan, „kai“ fürs Essen und „whakapapa“ für die Abstammung. Jeder Kiwi versteht sie, viele Kiwis verwenden sie, nicht alle korrekt. Und manche stören sie.

Es begann mit einem gut abgehangenen Kommentator der Otago Daily Times, der auf seinem Zeitungsfoto grinsend als Angler mit Riesenfisch posiert. Er zog gegen „Maori-Sensibelchen“ vom Leder, die es nicht ertragen könnten, wenn man Wörter ihrer Sprache falsch ausspreche. „Nicht nur sie sind beleidigt, sondern auch ihre Vorfahren, der ganze Stammeshaufen.“ Lachhaft sei das alles, Neuseeland habe wichtigere Probleme. Er selber stammt übrigens aus Irland, wo Gälisch Pflichtfach in der Schule ist. Prompt protestierte Susan Devoy, Kopf der „Race Relations“-Kommission und damit zuständig für den Respekt vor allen ethnischen Minderheiten.

Kurz darauf nahm Don Brash, ehemaliger Oppositionsführer, den Faden auf. In einem Interview mit der Radio-Ikone Kim Hill echauffierte er sich darüber, wie oft bei Radio New Zealand „Te Reo“ gesprochen wird. Ein bestimmter Frühstücksmoderator – dessen Kind Maori ist – ist ihm besonders ein Dorn im Auge, da er seine Begrüßung zum Beginn der Sendung stets auf Maori macht – „morena“ statt „good morning“. Und wenn das Wort „ahau“ fällt, das „ich“ oder „mich“ heißt, dann versteht der konservative Politiker immer nur „a ho“ – englischer Slang für „Nutte“. Da kann man wirklich kirre werden.

Selbst Google hat beim Streit um Neuseelands Eingeborenensprache ein Wörtchen mitzureden. Da viele Maori-Ortsnamen auf Google Maps falsch ausgesprochen werden, hat Google zugesagt, bis zum Jahresende bilingualer zu werden. Auf einer Landkarte kann man dort virtuelle Fähnchen hinstecken, wo einem die Aussprache aufstößt.

An den Unis spornt währenddessen eine Broschüre während der jährlichen „Maori Language“-Woche dazu an, in der Cafeteria nur noch auf Maori zu bestellen. Ein Soja Latte ist ein „Rate pini“, ein Cappuccino „Kaputino“, und ein Kakao „Tiakarete wera“. Alles okay? „Kapai“, sagt man dann und nickt, alles bestens. So easy ist das.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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