Die Wahrheit: Haare, Gel, Kurz
Sebastian Kurz ist der neue österreichische Bundeskanzler – aber wer ist der Mann hinter den Bergen?
Die Österreicher haben gewählt, und zwar österreichisch. Schließlich sagt man ihnen einen ganz eigenen Humor nach und einen regelrecht spielerischen Umgang mit dem Thema Tod, was den Deutschen stets imponierte. Hitler hat es vorgemacht, und auch wenn es nach Sebastian Kurz geht, werden Hilfesuchende in Sachen Flüchtlingspolitik nur so vom großeuropäischen Spielfeld gewischt, dass der Beelzebub mit dem Bärtchen seine wahre Freude hätte an diesem neuen Machertypen – besser gesagt: Machertypchen – denn, so muss auch an dieser Stelle freilich festgehalten werden, der Bursche ist ja gerade erst 31 Jährchen alt.
Chapeau! In diesem Alter wurde Hitler gerade einmal aus der Armee entlassen und befand sich noch frohen Mutes auf Stimmenfang für erste größenwahnsinnige Unternehmungen. Vom Kanzlerdasein aber sah er sich in seiner biologischen Blütezeit noch etliche Stiefel weit entfernt. Schon daher verbieten sich also die unsäglichen Hitlervergleiche, wie sie spöttisch dieser Tage beim Blick nach Österreich gern angestellt werden, aufs schändlichste.
Doch mit wem vergleicht man ihn dann, den neuen Kanzler Österreichs? Ist Kurz der neue Haider? Nun, Jörg Haider war ja damals in der FPÖ, das war das andere Rechts und er war auch nicht Österreichs Kanzler, sondern Maskottchen. Wie einst Falco, und das Ende war dann eben auch da vorhersehbar. Stichwort Totalschaden.
Vorbild Haider
Jedenfalls wirkte Haider ähnlich auf die Menschen, wie es Kurz heute tut. Er sprach ihnen aus der Seele. Jener morbiden, verkümmerten, immer schon ein wenig muffeligen und stellenweise bereits runzeligen, grantigen alten Volksseele, die wir Deutschen an den Österreichern lieben, da sie uns so sehr an die eigene erinnert. Haider verkörperte alles, was der gemeine Trottel von der Straße nicht haben konnte, war ein Repräsentant erster Güte, eine Art Sissi mit Skifahrerbräune und frechem Kurzhaarschnitt. Er trug Designeranzug und strahlte rund um die Uhr aus der kantigen Visage heraus wie ein Suchscheinwerfer an der europäischen Grenze und hinein in die ihm zujubelnden Massen. Hinein in ihre dunklen Herzen.
Er war Freund der Kameras und wusste, wann er medienwirksam in Tracht zu erscheinen hatte, um sich, wie das Volk es sich beizeiten gern wünscht, zum Deppen zu machen. Und das konnte er freilich. Den Deppen, den kaufte man ihm ab. Haider war Populist, ja. „Aber auch so viel mehr!“ (Quelle: beliebige Kronen Zeitung).
Haider war Partyanimal, hatte schließlich zum Todeszeitpunkt noch beinahe zwei Promille im Blut, schafft auch nicht jeder. Danach, nach seinem Tod, hörte man zugegeben nur noch wenig von ihm, dem Kärntner Lebemann.
Wie sieht es hingegen bei Kurz aus in Sachen Glamour? Nach schneller Wikipedia-Recherche unter dem Reiter „Privates“ gähnt einen das ernüchternde Ergebnis an: „Kurz ist seit der gemeinsamen Schulzeit mit seiner Lebensgefährtin Susanne Thier liiert.“ Das ist nicht viel, genau genommen sehr wenig. Nichts gegen Frau Thier, aber damit gewinnt man heute keinen Blumenstrauß mehr im Populisten-Quartett. Da muss nun schleunigst was her. Eine Affäre, ein Kokainskandal, irgendetwas, das medial aufgebauscht, ausgeschlachtet und vom Volk aber als menschliche Schwäche verziehen werden kann, um ihn darüber hinaus noch beliebter, noch größer zu machen als zuvor. Altes Populistenhandwerk eben.
Zustand Minusmensch
Die Stadt Wien bietet da Möglichkeiten, das weiß man, aber Kurz muss nun liefern. Es bleibt spannend, denn bis anhin ist Kurz eher flach. Also Kurz und flach, eher ein Minusmensch. Kein doppelter Boden, kein Doppelleben. Die Karriere schnell. Zu schnell für ihn? Neulich erst der erste zarte politische Erfolg, seine Ernennung zum Klassensprecher der 8b des Bundesgymnasiums Erlgasse, schon wurde er zum Experten für Integrationsfragen im Namen der JVP – und nun das: Kanzler.
Und alles ohne Fauxpas, sieht man von allen je getätigten politischen Äußerungen ab. Er scheint wohl ein neuer Typ Populist zu sein. Kurz ist offen und ehrlich blöd und flach, eben authentisch, und passt damit zwar gut in die heutige Zeit (die blöde, flache), bleibt vom Entertainmentfaktor her aber schlicht enttäuschend. Da vermag auch das nun mittlerweile berühmt gewordene Jugendfoto von circa 2016 nicht zu helfen, auf dem er sich lasziv auf einer Kühlerhaube räkelt, das gerade durch die sozialen Netzwerke kreist.
Kurz ist einzigartig dahingehend, dass er keine nennenswerten Eigenheiten bietet, die für einen aussagekräftigen Vergleich mit anderen Politgrößen taugen würden und gleichzeitig immerhin so heruntergekommen, wie sich das Volk einen Repräsentanten wünscht. Er ist eben einfach Kurz. Beste Voraussetzungen für eine steile Karriere auf der rechten Überholspur.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass Jörg Haider „Präsident der Harley-Davidson-Organisation“ gewesen sei. Dies beruhte auf der falschen Aussage eines Klagenfurter Vizebürgermeisters in der Zeitung Kärnter Krone. Richtig ist, dass Herr Haider zu seiner Zeit als Landeshauptmann die Harley-Davidson-Veranstaltung „European Bike Week“ in Faak besucht hatte und sich auf Harley-Davidson-Motorrädern ablichten ließ.
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