Die Wahrheit: Was Wanne-Eickel sieht
Penguin war früher ein seriöser Verlag. Inzwischen gehört er Random House, und seitdem hat er jede Scham über Bord geworfen.
Was ich sehe“ ist nicht das, was man auch sehen will. Es ist der Titel eines Fotobuchs von Brooklyn Beckham, der seinen Vornamen der Tatsache verdankt, dass er in jenem New Yorker Stadtteil gezeugt worden ist. Da hat er Glück gehabt, der Fußballer David Beckham und sein Spice Girl hätten es ja auch in Wanne-Eickel treiben können.
Die Fotos sehen aus, als ob sie von einem 14-Jährigen gemacht worden sind, der eine Kamera geschenkt bekommen hat. So war es im Grunde auch, aber inzwischen sind fünf Jahre vergangen und Brooklyn ist 19, doch in der Zwischenzeit hat er nichts dazugelernt.
„Ich mag dieses Bild“, schreibt er. „Es ist unscharf, aber man kann erkennen, dass dort eine Menge passiert.“ Aber was? Der Versuch, einen Elefanten zu knipsen, ist ebenfalls schiefgegangen. Man erkennt nur den sonnigen Hintergrund. „So schwer zu fotografieren, aber so unglaublich, ihn zu sehen“, seufzt Brooklyn in der Bildunterschrift.
Die Fotos werden zurzeit bei Christie’s in London gezeigt, später geht die Ausstellung nach Los Angeles. Bei einer Signierstunde in Manchester musste man sich eine Eintrittskarte kaufen. „Es wird keine Gelegenheit geben, Brooklyn ohne Ticket zu sehen“, hieß es zuvor.
Man kann Brooklyn nicht vorwerfen, dass ein Verlag bereit ist, überbelichtete Fotos, die ein talentfreier Teenager von den elterlichen Tattoos gemacht hat, zu veröffentlichen und Geld dafür zu bezahlen. Penguin war früher ein seriöser Verlag. Inzwischen gehört er Random House, und seitdem hat er jede Scham über Bord geworfen.
Brooklyn Beckhams Fotobuch mutet geradezu professionell an im Vergleich zu Philippa Middletons Partygebrauchsanweisung „Celebrate“. Die 29-Jährige mit dem Spitznamen Pippa ist bekannt, weil ihre ältere Schwester Kate den Enkel der britischen Queen geheiratet hat. Deshalb hat Penguin ihr 400.000 Pfund für eine Werbebroschüre des Familienunternehmens für Partyzubehör bezahlt.
Pippa verrät darin Geheimtipps für die Organisation einer erfolgreichen Feier. Zu Halloween, so erklärt sie, ergeben ein spitzer Hut, eine Perücke und ein Besen ein vortreffliches Hexenkostüm. Vor dem Event sollte man allerdings darauf achten, dass man das Gerümpel aus dem Partyzimmer räumt. Pippa hat auch Insider-Informationen über das Nationalgetränk der Engländer. Sie erklärt ihren Landsleuten, wie man Tee aufbrüht: „Die Beutel gehören in die Teekanne, nicht in die Tasse.“
Und was wäre Ostern ohne Eiersuche? Dabei kann man viel falsch machen, weiß Pippa: „Ein Erwachsener versteckt die Eier“, schreibt sie. „Die Verstecke sollten so niedrig liegen, dass sie für Kinder leicht erreichbar sind.“ Also, liebe Eltern, legt die Eier nicht in die Dachrinne oder in den Baumwipfel.
Man kann Pippa aber ebenso wenig wie Brooklyn vorwerfen, dass sie ihre prominente Verwandtschaft melken. Viel Zeit bleibt ihr vielleicht nicht. Bei dieser vermurksten königlichen Familie weiß man nie, wie lange eine Ehe hält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja