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Die WahrheitSekret, Spargel und Sinn

Kolumne
von Franco Zotta

Auf einer Radtour am Niederrhein entlang der holländischen Grenze gibt es seltsames Essen in schrägen Restaurants mit ekligem Namen

K ürzlich radelten wir durch eine nettes Tal namens Nettetal an der holländischen Grenze. Ein staubiges Spargelfeld reihte sich ans nächste. Diese abwechslungsreiche Idylle wird komplettiert durch zahllose Gasthäuser, in denen man Spargelgerichte genießen kann, grenzübergreifend in blassgelber holländischer Soße ertränkt.

Im B&B angekommen, fragten wir die Vermieterin, ob sie uns ein Restaurant empfehlen könne, dessen Speisekarte nicht mit „S“ beginne und gleich auf „pargel“ wieder ende. „Sekret, um die Ecke“, lautete die ortsüblich staubtrockene Empfehlung. Wir waren sofort Feuer und Flamme, freuten uns auf gedünstete Lungenembolien an Rotzschäumchen mit abschließendem Eiterlikör-Digestif. Welche Enttäuschung, dass der Laden Secretis hieß und mit seiner berühmten regionalen Küche drohte. Auf der Webseite gucken dich Spargelstangen an, die aussehen wie ein Haufen toter Nacktmulle.

Wir aßen dann lieber Pizza bei „Mario“, der sich als eine Art Helmut entpuppte und weder Italienisch noch Pizza konnte. Aber er beherrschte die große Kunst, auf 29 Zentimeter Teigdurchmesser 7.000 Kalorien unterzubringen – in Form eines zentimeterdicken, an vertrocknete Hollandaise erinnernden Käsebriketts. Unter dem Brikett befand sich eine an Sauerstoffmangel verstorbene Tomate, die es nicht mehr zu dem einsamen Oregano-Blatt am anderen Ende des Pizza-Äquators geschafft hatte.

Um das Ganze hinunterzubekommen, bestellten wir ganz schnell ganz viel „Das Bier von hier“, das wirklich so hieß, zumindest im Untertitel. Es schmeckte so, als hätte es der Wirt vom Sekret persönlich ins Glas uriniert.

Als gelernter Ruhrgebietsbewohner kann einem so etwas nichts ausmachen. Man verspeist in den örtlichen Imbissstuben traditionell Gerichte, die anderswo nicht mal als Straßenbelag Verwendung finden würden. Für Koch und Kunde stellt sich in diesen Breiten exakt dann eine harmonische Win-win-Situation ein, wenn auf die Koch-Frage „Satt?“ die Kunden-Antwort „Jau, pappsatt!“ gerülpst wird.

Wie es wohl im Aschlöksken sein wird, jene legendäre am Fluss gelegene Gartenwirtschaft an der Grenze zwischen Duisburg und Düsseldorf, der wir am nächsten Wochenende einen Besuch abstatten wollten? Der Name soll laut Recherche nichts mit „Arschloch“ zu tun haben, sondern mit „Ascheloch“ wegen der Kohleschiffe, die dort früher ihre Ladung gelöscht haben.

Aber wo „Aschlöksken“ dran steht, ist auch „Aschlöksken“ gemeint, wo bliebe da sonst die Sinngebung? Man nennt ja auch niemanden „Kackbratze“, wenn man nicht auch „Kackbratze“ meint. Sonst würde ich ja „Heiopei“ sagen. Der Ruhrgebietler kennt nämlich viele Wörter, von denen er selbst nicht weiß, ob er damit jemanden beleidigt oder nicht. Aber „Aschlöksken“ ist ganz klar „Kackbratze“ und nicht „Heiopei“, und „Heiopei“ ist eher wie „Pillerkopp“. Ist doch ganz klar! Und wenn nicht: Egal, geht mir sekret am Asch vorbei.

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