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Die WahrheitFinde deinen inneren VW-Bus

Kolumne
von Susanne Fischer

Es muss da draußen ein anderes Leben geben als das langweilige Bürger-und-Büro-Dasein. Aber wo bloß findet es statt?

I mmer wenn ich Urlaub habe, denke ich über Alternativen zu meinem langweiligen Bürger-und-Büro-Leben nach. Sollte ich mir die Haare gelen und Windsurfen lernen? Endlich in einem alten VW-Bus Europa bereisen, wie ich das immer schon mal wollte, am besten, wie es derzeit Silbermond empfiehlt, mit „leichtem Gepäck“? Also nur mit Haargel und einem Surfbrett ausgestattet?

Eine Sache mag ich an dem Song: Dass bei der tragenden Zeile „Du nimmst allen Ballast und wirfst ihn weg“ im offiziellen Musikvideo einmal plötzlich die ganze Band verschwunden ist. Allerdings bleibt leider die Sängerin übrig, von der ich auch 99 Prozent überhaupt gar nicht brauche.

Hübsch ist, dass sie hörbar Ausspracheschwierigkeiten bei dem wunderschön altmodischen Wort „Ballast“ hat, das ziemlich oft im Stück vorkommt. Ich vermute, es liegt daran, dass sie sich selbst heimlich doch eher ungern von den Dingen trennen würde, die sie im Leben so angesammelt hat. Sozusagen ein sprachlicher Heuchel-Stolperer.

O nein, ich mache mich nicht lustig, ich fühle tatsächlich mit ihr. Ich habe einen Beruf, in dem ich sehr oft „Arno“ sagen muss, sogar in der Öffentlichkeit. Als ich irgendwann ein halbes Jahr lang wegen Zungen-Burnout nur noch „Anno“ stottern konnte, als sei ich mit einem ekligen Dialekt behaftet, kam das erste Mal die Idee mit dem VW-Bus auf.

Ich hätte aber doch gern eine Waschmaschine, einen Koch und einen Automechaniker dabei, für den Notfall. Das hat Silbermond bestimmt auch. Wahrscheinlich müssen sich die armen Bandmitglieder immer dieselben Gepäckwitze anhören, wenn sie jeder mit ihren sieben Koffern in den gigantischen Tourbus steigen, der Schlafkojen, eine Küche, einen Swimmingpool, eine Bar, einen Billardtisch und ein Tonstudio an Bord hat. Ganz hinten im Gepäckfach liegt noch ein auffaltbarer VW-Bus, falls mal einer der Musiker an Ballastverstopfung leidet. Dann darf er allein hinterherfahren.

Rockstar ist eben auch kein leichtes Leben. Diesen Beruf hatte ich schon vor langen Jahren von meiner kurzen Liste der Büro-Alternativen gestrichen. Singen und Drogen nehmen gleichzeitig ist einfach zu viel für mich.

Da mein VW-Bus vorerst wegen Überfüllung nicht losfahren darf, suche ich weiter nach angemessener Betätigung. Meine jüngste Geschäftsidee ist ein Selbstfindungscamp auf einer Aussteigerinsel. Aber nicht Feng-Shui-Kochen, den Silbermond ansingen oder Malen mit dem Hintern.

Man muss mit der Zeit gehen: Entdecke im Urlaub deinen inneren Nazi! Ich habe meinen schon gefunden und helfe gern weiter. Das geht dann so: Sie da! Hören Sie auf, im Museum zu schwatzen! Da kann man ja die Bilder nicht mehr erkennen bei dem Lärm! Und Fahrradfahren ist auf der Promenade verboten, Sie hirnloser Pedalist! Weil hier Fußgänger unterwegs sind! Wenn Sie nicht sofort absteigen, bewerfe ich Sie mit meinem Ballast!

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