Die Wahrheit: Allahs Wutbäuerinnen
Wegen des Kopftuchverbots konvertieren immer mehr Allgäuer Landfrauen zum Islam.
![](https://taz.de/picture/155130/14/KopftuchBaeuerinnen.jpg)
Der Klang ist irritierend, vor allem für Touristenohren: Statt der gewohnten Kuh- und Kirchenglocken ertönen im beschaulichen Weiler Pfrinzdorf an der Pfetz neuerdings mehrmals täglich Muezzingesänge vom Band. „Unerträglich ist das“, findet der Hamburger Urlauber Karsten Schroll. „Letztes Jahr waren wir in Antalya, da war es ruhiger.“ – „Die werben hier mit Ferien in der Heimat, und dann so was“, empört sich Friederike Dümpf, die mit ihren zwei Töchtern aus Sachsen angereist ist. „Da ist mir das Sieg-Heil-Geschrei zu Hause noch lieber. Die grölen wenigstens nur nachts, wenn die Kinder schlafen.“
Rein äußerlich hat sich wenig verändert in dem verschlafenen Landstrich im Allgäu. Die Kühe grasen, gemächlich knattern die Mengele-Traktoren über die Felder. Aber auch um das Wohl des Viehs sorgt sich Bauer Johann Schluff: „Diese fremden Gesänge tun der Milch sicher nicht gut.“ Ganz zu schweigen vom sonntäglichen Schweinebraten, der inzwischen kaum noch auf den Tisch kommt: „Die Weiberleut rühren kein Schwein mehr an, weil das angeblich nicht halal ist“, berichtet Schluff. „Die sind doch balla balla!“
„Wir sind zweifellos Zeugen eines Kulturwandels“, bestätigt der örtliche Pfarrer Lothar Frömmel, und dabei wirkt er ein klein wenig schuldbewusst – schließlich war es eine Predigt aus seinem Munde, die das Unheil ins Rollen brachte. „Ich wollte lediglich betonen, dass das christliche Abendland das Recht und die Pflicht hat, sich gegen eine Überflutung durch Andersgläubige zur Wehr zu setzen. Gewaltfrei, versteht sich.“
Dass er im selben Atemzug ein gesetzliches Kopftuchverbot befürwortete, wurde zum Stein des Anstoßes – schließlich ist die textile Hauptverhüllung seit Jahrhunderten Teil der bäuerlichen Tracht nicht nur in dieser Gegend. Im Handumdrehen bildeten örtliche Näh- und Kaffeekreise eine überregionale Bürgerinneninitiative, deren Sprecherin Eleonore Rall verkündete: „Wenn das so ist, können wir auch gleich zum Islam übertreten, schließlich gibt es sowieso nur einen Gott, und wie man den nennt, ist egal.“
Gesagt, getan, und so steht Pfarrer Frömmel nun nicht nur vor dem Problem, einer fast reinen Männergemeinde das Wort des Herrn zu verkünden. Nein, es ist nicht einmal sicher, wie lange er das überhaupt noch darf, denn schon werden in Kreisen der Neoislamistinnen Forderungen laut, dem alten Grundsatz „cuius regio, eius religio“ getreu den Islam im gesamten Allgäu zur Staatsreligion zu erklären und auch Schullehrpläne und den Feiertagskalender entsprechend umzugestalten.
Den Allgäu als solches gibt es gar nicht
Die zuständigen Landesregierungen von Bayern und Baden-Württemberg wiegeln noch ab. Ein Allgäu als solches, lässt das Münchner Innenministerium mitteilen, gebe es überhaupt nicht: „Das ist nur ein diffuses Gebilde ohne administrativen Belang.“ Auch in Stuttgart ist man dieser Ansicht und hofft, dass sich die Sache bald ganz von selbst in Luft auflöst: „Die werden ja wohl kaum mit dem Sprengstoffgürtel zur Heumahd gehen.“
Aber Eleonore Rall ist fest entschlossen, die Sache durchzufechten. Notfalls, so kündigt die streitbare Landfrau an, werde man die Gründung einer eigenen Republik in Angriff nehmen: „Wenn die großkopferten Herren in ihren Ministerien meinen, dass es kein Allgäu gibt, dann werden wir eines schaffen – zur Ehre des Propheten.“ Und zwar mit Geduld, Hartnäckigkeit und durchaus tatkräftiger Entschlossenheit; schließlich: „Mekka wurde auch nicht an einem Tag erbaut, und ganz ohne Handgreiflichkeiten ist noch kein Weltreich entstanden.“
Ein allgäuisches Weltreich? Droht Deutschland vierhundert Jahre nach dem dreißigjährigen ein neuer Religionskrieg? Eleonore Rall hebt drohend ihre Mistgabel. Das werde man schon sehen, sagt sie, fügt die vieldeutige Frage an, ob man etwa die englische Königin schon mal ohne Kopftuch gesehen habe, und komplimentiert den Berichterstatter dann mit dem Hinweis aus der Stube, es sei Zeit für das Gebet. Und schon schallt wieder der Muezzin vom Band durch Pfrinzdorf und das weite Tal der Pfetz.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau