Die Wahrheit: Ex in spe gegen Ex in spe
Geglückte Trennungen sind ein gesellschaftliches Ereignis. Wie die hohe Zeit der feierlichen Scheidungen richtig begangen wird.
„Scheiden tut weh. Aber dein Scheiden macht, dass mir das Herze lacht“, wusste schon das Volkslied. Diese Erfahrung wird von der Scheidungsplanerin Claudia Kusch aus München-Scheiding konsequent umgesetzt: Sie veranstaltet rauschende Trennungspartys für zerbrochene Ehen!
Das wurde ja auch Zeit, werden viele sagen in einem Land, wo sogar Totenfeiern Usus sind. Die dort Gefeierten können sich natürlich nicht mehr wehren. Hauptsache, die Hinterbliebenen haben ihren Spaß.
Eine richtige Spaßgesellschaft sollte keine Möglichkeit zum Feiern auslassen, warum sollten da Trennungen eine Ausnahme machen? Professionelle Trennungsinstitute übernehmen gern die Planung und Durchführung der Scheidungsvergnügungen. Diese Firmen nennen sich bezeichnenderweise „Trennungsglück“, „Glatter Schnitt“ oder auch „Glücklich geschieden“.
So eine Trennungsfeier beginnt gewöhnlich mit einem zünftigen Retlop-Abend, der den Brauch des Polterabends rückwärts nachvollzieht. Dabei muss das genervte Trennungspaar das zerschlagene Porzellan seiner zerrütteten Ehe wieder zusammenkleben. Das so aufgebaute Aggressionspotenzial wird durch den gefürchteten letzten Verheirateten-Abend weiter gesteigert, wobei man gemeinsam mit falschen Freunden durch üble Absturzkneipen ziehen muss.
Dabei wird selbstverständlich die künftige Exbraut entführt, und der Exbräutigam in spe betrinkt sich, anstatt sie zu suchen. Die Entführte tut desgleichen. Gedemütigt und verkatert kommt es dann zur finalen Trennungsfeier am Folgetag.
Es wird kräftig gezischt und gebuht
Zu Beginn der Feierlichkeiten werden die alten Hochzeitsgeschenke in die begeisterte Menge geworfen. Es folgen die überflüssigen Eheringe. Wer diese auffängt, muss sich innerhalb eines Jahres ebenfalls scheiden lassen. Die Feiergesellschaft ist wie beim Rugby-Spiel klar in zwei Parteien aufgeteilt. Beim Einzug des gescheiterten Paares wird von beiden Seiten kräftig gezischt und gebuht.
Die ehemaligen Brautjungfern versuchen, dem gescheiterten Gatten den Schlips abzuschneiden und mit Griffen unter die Gürtellinie zu punkten, während die Gegenseite der Scheidungsbraut auf die Schleppe tritt und sich symbolisch damit schnäuzt. Die Blumenkinder verstreuen Disteln und Juckpulver. Der angeheuerte Scheidungsrichter trennt dann mit höhnischen Worten, „was ohnehin nie zusammenpasste“ – und die eigentliche Feier kann beginnen.
Die Gäste versuchen nun durch kleine Schmähvorträge die Stimmung weiter aufzuheizen. Der traditionelle Trennungstanz des Scheidungspaares bildet dann den nächsten Höhepunkt: Vor den zwei Reihen der Sympathisanten stehen sich die geschiedenen Kontrahenten gegenüber und pöbeln aufeinander ein, was das Zeug hält. Dazu gehört allemal ein aggressiver Reigen von verächtlichen Gesten, die einen Steinbrück blass aussehen ließen.
Danach geht man lautstark zur beliebten finalen Schlammschlacht über, die Trennungsfeierleitung lässt faules Obst und diverse Schmierstoffe reichen. Spätestens jetzt wissen die geladenen Gäste, warum der Dresscode für alle Trennungsfeierbiester strapazierfähige und wasserfeste Alltagskleidung empfohlen hatte.
Wenn sich Freund und Feind nicht mehr erkennen können, geht die Schlammschlacht zwanglos in ein individuelles Betrinken und Herumgelalle über. Man trinkt gutgelaunt „Auf ex!“ und freut sich schon tierisch auf die nächste Trennung. Die ausgelassenen Scheidungspartys sind mittlerweile sogar so beliebt, dass immer mehr junge Paare auf die Heirat verzichten und gleich zur großen Trennungssause laden!
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