Die Wahrheit: Geröstete Satansbraten
Neues aus Neuseeland: „Roast Busters“ sind weder zum Essen noch zum Gucken, sondern einfach nur widerliche Gruppenvergewaltiger.
V or einem Monat hatten wir Aucklands Bürgermeister mit heruntergelassenen Hosen – gesegnete Zeiten! Die haben sich rasant geändert. Keiner spricht mehr von Len Browns Affäre. Alle reden jetzt von den „Roast Busters“. Ja, das klingt lustig, wie ein Filmtitel. Die wortspielhöllischen „Bratenknacker“ zeigen sich auch in spaßigen Posen, samt Basecaps und Pickeln. Sie sind aber Vergewaltiger.
Immer öfter tauchen in Neuseeland Facebook-Seiten auf, die „root and rate“ oder „Goon Rigs and Scrags“ heißen: Junge Männer bewerten aufs Übelste Frauen, mit denen sie Sex hatten – mit Namen und Fotos. Dafür gibt es dann schon mal tausend „Likes“ und etliche zutiefst gedemütigte Internet-Opfer. Doch das ist alles Kinderkram im Vergleich zu den „Roast Busters“. Ein „roast“ ist laut „Urban Dictionary“ eine Frau, die von zwei Männern penetriert wird und damit einem Braten am Spieß ähnelt. Weiß ich auch erst seit Kurzem und würde es gern wieder vergessen. Soviel zur Linguistik.
Die „Roast Buster“ sind eine Gruppe 17- bis 18-Jähriger aus Auckland, zwei davon mittlerweile namentlich bekannt. Sie prahlten auf Facebook mit ihren „Eroberungen“. In Wirklichkeit waren das Gruppenvergewaltigungen von jungen Mädchen, die auf Parties schwerst betrunken waren. Sie wurden gefilmt, die Videos ins Netz gestellt. Eines der Opfer, eine 13-Jährige, ging danach zur Polizei. Ihre Anzeige vor zwei Jahren, sagte sie jetzt, sei jedoch schlimmer gewesen als die Entjungferung durch die „Roast Busters“. Seitdem dümpelte der Fall vor sich hin. Was vielleicht daran liegt, dass einer der Täter der Sohn eines Polizisten ist.
Nur zögerlich melden sich jetzt weitere Opfer. Eine Freundin von ihnen wurde von zwei Radiomoderatoren so sexistisch befragt, dass die anschließenden Proteste die Herren bis auf Weiteres vom Sender vertrieben. Gut so. „Aotearoa“ – Speerspitze der Frauenrechte und angeblich heile Welt – hat damit nicht nur einen Skandal, sondern ein Problem. Gewalt gegen Frauen ist das eine, das Internet das andere, Porno sowieso. Das ganze Land sorgt sich um die Moral seiner Teenager. Vielleicht sollte es sich parallel auch über seine Polizei Gedanken machen.
1954 gab es einen ähnlichen Aufschrei. Damals waren es die „Milk Bar Cowboys“, die sich in einer Milchbar in Lower Hutt mit Gleichaltrigen trafen, um sich in die Büsche zu schlagen. Es folgte eine offizielle Untersuchung. Sie enthüllte „einen schockierenden Grad unmoralischen Betragens, das sich zu sexuellen Orgien ausweitet“. Verrottete Jugend, schon damals – oh, heilige Unschuld.
Dank Jill Jeffries und James Dobinson ist die Welt hier unten aber doch noch in Ordnung. Das junge Paar aus Lyttelton, beide mit Downsyndrom und seit fünf Jahren liiert, haben am Samstag als erste in der neuen Papp-Kathedrale von Christchurch geheiratet. Der ganze Hafenort half bei der Hochzeit, brachte Essen und Blumen, lieh einen Bentley, vergoss Freudentränen. Monatelang hatten Jill und James auf dem Wochenmarkt musiziert und getanzt, um Geld für ihr Fest zu sammeln. Es lebe die Liebe.
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