Die Wahrheit: Die Urinprobe des Präsidenten

Seit einem Besuch Obamas steht das irische Dorf Moneygall ganz im Zeichen des US-Politikers. Sogar ein präsidialer Bierfilz wird ausgestellt.

Ein Dorf dreht durch. In Moneygall in den irischen Midlands hat die Obamasierung bizarre Züge angenommen. Am kommenden Freitag wird an der Barack Obama Plaza das Barack Obama Visitor Centre eröffnet. Dieses Besucherzentrum soll an die Stippvisite des US-Präsidenten 2011 erinnern, als sich Obama in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen die Stimmen der 35 Millionen US-Bürger sichern wollte, die sich auf irische Wurzeln berufen.

Der örtliche Pfarrer hatte herausgefunden, dass Obama aus Moneygall stammt – nicht direkt, aber sein Ur-Ur-Urgroßvater Fulmuth Kearney ist im 19. Jahrhundert aus Moneygall in die USA ausgewandert. Im Besucherzentrum ist alles versammelt, das mit dem einstündigen historischen Besuch von 2011 in Zusammenhang steht: das Glas, aus dem Obama das schwarze Bier trank, der Bierdeckel, den er benutzte, der Stuhl, auf dem er saß, das Stück Seife, mit dem er sich die Hände wusch. Außerdem soll nach Informationen des gewöhnlich gut unterrichteten Nachrichtenportals Waterford Whispers eine Urinprobe des Präsidenten ausgestellt werden, die der listige Wirt durch Manipulation der Herrentoilette erbeutet hat.

Während sich die Dörfler auf die feierliche Eröffnung des Besucherzentrums vorbereiteten, wurden vorige Woche die 80-jährige Schriftstellerin Margaretta D’Arcy und ihr Mitangeklagter Niall Farrell zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt, weil sie 2013 über den Zaun des westirischen Flughafens Shannon geklettert waren, um gegen die Benutzung des Zivilflughafens für Obamas Militärflugzeuge zu protestieren. Seit 2002 sind 2,25 Millionen US-Soldaten auf dem Weg in den Nahen Osten durch den Flughafen Shannon geschleust worden. D’Arcy hatte für eine ähnliche Aktion im Frühjahr drei Monate im Gefängnis gesessen, weil sie nicht unterschreiben wollte, dass sie sich künftig vom Flughafen fernhalten werde.

In Moneygall interessiert das niemanden. Am liebsten würden sich alle Dorfbewohner in Obama umbenennen. Ein Café mit diesem Namen gibt es bereits, und heute vor einem Monat wurde die Barack Obama Plaza eröffnet – allerdings nicht direkt im Ort, sondern an der Autobahn von Dublin nach Limerick. Seitdem ist das Kaff wie ausgestorben. Die Plaza mit Restaurants und der einzigen Autobahntankstelle zwischen Dublin und Limerick hat 7 Millionen Euro gekostet. Finanziert wurde sie von Pat und Una McDonagh, denen die Supermac-Kette gehört, Irlands Antwort auf McDonald’s. Henry Healy, Obamas engster Verwandter in Moneygall, ist der Manager.

Man hatte gehofft, dass Obama persönlich seine Plaza eröffnen würde, doch der Präsident ließ verlauten, er pfeife auf die Stimmen der US-Iren, da er nach seiner zweiten Amtszeit ohnehin nicht mehr kandidieren könne. Und wenn man ihn weiter mit seinem komischen Vorfahren belästige, werde er dafür sorgen, dass die US-Kampfflugzeuge nicht in Shannon, sondern in Moneygall zwischenlanden und den Ort in Fulmuth Kearneys Zeiten zurückbomben.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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