Die Wahrheit: Mütchen gekühlt
Die globale Ausbreitung des Internethypes Ice Bucket Challenge hat unabsehbare Folgen für die Menschheit und die Umwelt.
Die Wasserrechnungen steigen, die Gefrierfächer sind überlastet, aber noch immer hält der Ice Bucket Challenge die Welt im Würgegriff. Während sich Aktivisten anfangs unter dem Motto „Eimer statt Spende“ literweise Eiswasser über den Kopf gossen, um auf eine seltene Nervenkrankheit aufmerksam zu machen, hat sich der virale Wettkampf längst vom eigentlichen Zweck entkoppelt.
In Griechenland etwa beteiligten sich 76 Prozent der Bevölkerung an einem Ice-Bucket-Flashmob, um dem Land die Zahlung seiner Schulden zu ersparen. Ein falsches Signal, kritisierte Bundeskanzlerin Merkel, sich im heißen Griechenland mit Eiswasser zu übergießen sei keine Herausforderung, sondern Erfrischung. Nun erwägt die deutsche Regierung, Eislieferungen an Drittweltländer grundsätzlich einzufrieren.
Auch dem Handel drohen frostige Zeiten. Weltweit beschweren sich Ladenbesitzer, dass sie mehr mit dem Wischmopp als an der Kasse zu tun haben, weil Kunden sich mit Wasser übergießen, statt zu zahlen. Hans-Jürgen Sparwasser von der Deutschen Krämerinnung prophezeit eine empfindliche Abkühlung der Konjunktur.
Zudem werden Warnungen vor gesundheitlichen Folgen laut: Amerikanische Wissenschaftler haben Tausende von Versuchsratten mit Eiswasser begossen. Die Tiere klagten anschließend über Schüttelfrost, Ohrensausen und Reizhusten. Ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist allerdings nicht gesichert.
Pep Guardiolas Niesanfälle
Sogar der Fußballbetrieb spürt die Folgen. So musste ein Spieltag abgesagt werden, weil fast alle Spieler an fiebriger Erkältung litten. Besonders schlimm erwischte es Manuel Neuer, der unhaltbar von einem fußballgroßen Eisbrocken getroffen wurde. Mittlerweile sei er allerdings wieder bei Bewusstsein, was immer das in seinem Fall auch heißen möge, erklärte Trainer Pep Guardiola zwischen zwei Niesanfällen. Allerdings ernähre Neuer sich nur noch von rohem Fisch und sei noch bissiger als gewöhnlich.
Im Fall von Gérard Depardieu, von dem es hieß, er sei während des Ice Bucketing eingeschlafen und erfroren, konnte zum Glück Entwarnung gegeben werden. Der am Montag von seinem Kellermeister als vermisst gemeldete Schauspieler war bloß auf dem Heimweg von seiner Stammkneipe falsch abgebogen und hatte sich in der Taiga verirrt. Die Jakuten, die ihn fanden, hatten den Schauspielgiganten für ein im Eis eingeschlossenes Mammut gehalten. Erst als der zottelige Riese aufgetaut war und nach Wein verlangte, erkannten sie ihren Irrtum.
Alternative Bucket Challenges
Auch andernorts treibt der Ice-Bucket-Trend sonderbare Blüten: In der Schweiz erlitten mehrere Personen Verbrennungen, als sie sich mit heißem Käsefondue übergossen. In Nordkorea gibt es nicht genügend Eimer, weshalb sich die Leute einfach in den Regen stellen.
Dr. Ben Wettervogel vom Europäischen Institut für Mutmaßungen behauptet gar, der Ice Bucket Challenge habe eine neue Eiszeit ausgelöst, und führt den Temperatursturz in diesem August auf die Verdunstungskälte des massenhaft ausgekippten Eiswassers zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich