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Die WahrheitDas war's mit dem Fahrrad!

Kolumne
von Arno Frank

Nach dem vierten oder fünften Unfall ist es genug. Ich habe keine Lust mehr, mich karatemäßig über die küchengroßen Kühler von Geländewagen abzurollen.

N eulich hatte ich wieder einmal einen Unfall mit dem Fahrrad. Fuhr über die grüne Ampel, und da war dieser dünnschissfarbene Geländewagen von Volvo. Ich sah genau, dass der Fahrer in die falsche Richtung schaute, während er rechts blinkte, und ich dachte: „Das kann nicht sein, oder? Dass der mich nicht sieht!“, aber es konnte durchaus sein, der schaute einfach in die falsche Richtung, und noch bevor ich ans Bremsen denken konnte … na ja, man kennt das ja aus den entsprechenden Statistiken.

Es war mein vierter oder fünfter Unfall nach dem gleichen Slapstickdrehbuch. Noch jedes Mal gelang es mir, mich karatemäßig über die Motorhaube abzurollen und – anders als mein Fahrrad – mit dem Schrecken und leichteren Prellungen sowie Schürfwunden davonzukommen. So auch diesmal, obwohl das Abrollen über eine einbauküchengroße Kühlerlandschaft kniffliger zu bewerkstelligen ist als etwa das Abrollen über die flache Schnauze eines Jaguars E.

Kurioserweise war ich gerade auf dem Weg zu meinem Motorradhändler. Das Moped, heißt es, sei ein irrsinnig gefährliches Vehikel, man kennt das ja aus entsprechenden Statistiken. Seltsamerweise bewege ich seit inzwischen einem Vierteljahrhundert nicht eben schwachbrüstige Krafträder, ohne dass mir jemals etwas passiert wäre – diesen einen Vorfall im Schwarzwald ausgenommen, als ich beim bekifften „In die Landschaft gucken“ schlicht vergessen hatte, zum Anhalten die Füße auf den Boden zu stellen. Sobald ich mich aber auf ein Fahrrad setze, ist es, als dächte mein Schutzengel: „Ach Gottchen, ein Fahrrad! Wie putzig. Soll er strampeln, ich lege jetzt mal die Beine hoch …“

Dabei sehe ich die Sache ganz anders als mein Schutzengel und weiß, wie gefährlich das Radeln ist. Radfahrer sind im Verkehr stehende Hindernisse. Ihre Knautschzone ist der Luftraum. Aufreizend unbeschwert halten sie tonnenschweren Ungetümen ihre verletzlichen Weichteile hin, als wollten sie sagen: „Tut mir nichts, sonst …!“ Sonst was? Sonst werde ich zermalmt, und dann kannste mal sehen?

Ich begreife das nicht. Auch nicht, warum Müttern mit arglosem Nachwuchs im grotesken Anhänger nicht ambulant das Sorgerecht entzogen wird. Oder ob Liegeradfahrer wirklich glauben, ihr lächerlicher Winkewimpel könne sie vor mahlenden Zwillingsreifen bewahren.

Radfahrer sind im Recht und wünschen, die Welt möge dies anerkennen und sich zu ihren Gunsten verändern. Es ist, als führen sie nicht mit Muskelkraft, sondern angetrieben und zugleich gepanzert vom eigenen guten Gewissen. Würde das Fahrrad heute erfunden, es müsste morgen aus Sicherheitsgründen verboten werden. Abgesehen von der entwürdigenden Prozedur, immer dann seine Reifen aufpumpen zu müssen, wenn gerade nicht die Kette abgesprungen oder es mal wieder gestohlen worden ist.

Jedenfalls war’s das jetzt mit mir und dem Fahrrad. Endgültig. Ich werde mich sichereren Fortbewegungsmitteln widmen. Apnoetauchen oder Wingsuitfliegen. Ob’s hilft, das entnehmen Sie bitte den entsprechenden Statistiken.

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Inlandskorrespondent
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8 Kommentare

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  • Der Arno Frank taucht Apno-E

    und radelt so am Grund der Spree;

    da tut ihm auch kein Auto weh -

     

    Doch Vorsicht vor der Schiffsschraub-E!

  • Das ist das Prinzip Radweg: "Hier habt ihr einen Sonderweg zu eurer Sicherheit" ... "Was, ihr seid darauf nicht wesentlich vorsichtiger und sklavenunterwürfigmäßig nur im Schrittempo unterwegs? Aber das ist doch viel zu gefährlich! Bremst gefälligst ständig! Nein, auf die Fahrbahn sollt ihr nicht, sonst müßtet ja nicht ihr, sondern auch mal wir auf Rechte verzichten und Pflichten erfüllen!!!"

     

    Einfach mal auf der Fahrbahn fahren, und zwar in der rechten Reifenspur links neben den Schlaglöchern, und man wird genau wie auf dem Motorrad respektiert. Wichtig ist nur zu wissen, daß die Nase des Überholenden immer über die Mittellinie muß, sonst können die seltsamerweise nicht ihr Fahrzeug einschätzen.

  • Wie wärs mal mit defensiver Fahrweise. Bringt einiges, schont die Nerven, stärkt die Vorausschau, das Denken, die Achtsamkeit und schützt vor Unfällen.

    Deshalb trage ich auch keinen albernen Helm, der all das vorausgesagte einschränkt. Mich schützt kein Helm, ich schütze mich selbst und schone so die Umwelt vor überflüssigem Plastikmüll. Die Fische und Frösche danken es und einige andere auch noch. Alles andere ist überflüssiges Geschwafel.

  • Kein weiter Weg vom Rad zum Wingsuit, finde ich. Nicht nur Radler fühlen sich ganz oft im recht und also unverletzlich, sondern auch Apnoetaucher und Wingsuitflieger. Schon deshalb, weil so Viele sie bewundern. Sie leben, heißt es, ihren Traum. Sie tun, was sich nicht Jeder traut. Sie sind Trendsetter. Und wer Trends setzt, der hat immer recht. Zumindest gefühlt. So, wie die Partei mit der führender Rolle immer recht gehabt hat.

     

    Die Unfallstatistik allerdings ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Glaube an das eigene Recht mitunter nicht genügt. Auch Verkehrsplaner folgen Trends. In dem verständlichen Bestreben, die Welt zu retten und sich selbst eine entscheidende Rolle und Bedeutung darin zu verschaffen, haben sie neben den Hauptstraßen aller größeren Städte Radwege angelegt, auf denen Radfahrer bevorrechtigt werden. Neben der Rechtsabbiegerspur, die früher ganz rechts auf der Straße lag, gibt es seither also noch eine Gradeausspur. Die Radler sind dafür natürlich dankbar, weil sie sich bestätigt fühlen in ihrer Entscheidung, Rad zu fahren. Sie radeln manchmal wild drauf los, wenn ihre Ampel Grün zeigt. Fünfzig Meter vor der Kreuzung geben sie Gas, in der Hoffnung, an den bei Rot haltenden Vans vorbeizuziehen (Motto: "Ätsch, Geld schießt doch nicht immer Tore!") Dabei bedenken sie nicht, dass KFZ-Fahrer einen sogenannten toten Winkel haben – und auch noch andere Verkehrsteilnehmer im Blick behalten müssen als nur sie. 'Da ist doch hoffentlich kein Kind, das Ampeln noch nicht kennt und losrennt? Bremst der Vordermann auch nicht? Will nicht der neben mir doch noch rechts rum? Und wieso segelt da jetzt dieser Radfahrer über die Kühlerhaube? Der war doch eben noch nicht da!?' Wer ist dann Schuld? Ganz klar: Der Van-Besitzer. Was muss der auch ein „einbauküchengroßes“ Fahrzeug fahren?

     

    Schön, wenn man als Verkehrsplaner nicht nur eine Statistik hat, sondern auch Freunde hat, die Äußerlichkeiten stehen!

    • @mowgli:

      Die Geradeausspur neben der Rechtsabbiegerspur ist tatsächlich bei PKW ein Fall für die Witzseiten, jeder denkfähige Mensch faßt sich dabei an die Stirn und erkennt das als Todesfalle. Bei Radwegen hingegen ist das Normal, wird noch als Schutzmaßnahme gepriesen.

       

      Noch schlimmer als eine Radspur ist hingegen ein klassischer Radweg, hier ist das Risiko noch einmal doppelt so hoch, wie bei Radfahrstreifen, oder mehr als fünfmal so hoch, wie bei normal eingereihtem Radverkehr auch auf der Hauptstraße.

       

      Daß Sie glauben, sich mit dem Verweis auf Ihre starke Motorhaube auch noch das Recht herausnehmen zu können, daß der Radfahrer gefälligst Ihnen den Vorrang gewähren soll, ist übrigens symptomatisch. Ich nehme mal einfach an, daß Sie sich mit der gleichen Vehemenz, mit der Sie vom Radfahrer den Rechteverzicht fordern, immer tierisch aufregen, wenn ein Radfahrer vor Ihnen fährt und Sie es sind, der mal auf sein vermeintliches Recht auf freie Fahrt für freie Bürger verzichten muß. Sie haben in diesem Fall mein tiefstes Nichtbedauern.

  • Apnoetauchen? Wingsuitfliegen? Weichei! Nur Radfahrer sind die wirklich harten.

    • @bicyclerepairman:

      Äh... - jaaah, genau das wollte er wohl damit vermutlich sagen, der Verfasser der Kolumne. Ich nehme an, er hat es lustig gemeint.

      • @mowgli:

        Äääh... - jaaaah, vielleicht wollte genau das der Verfasser dieser Antwort mit seiner i r o n i s c h e n Antwort auf die ironische Aussage des Authors - vielleicht, unter Umständen, könnte sein - zum Ausdruck bringen.....