Die Streitfrage: Ist Fett gesund?
In den USA diskutieren Ernährungsexperten, das staatlich empfohlene Limit für den Verzehr von Fett zu streichen. Eine Revolution?
D ie Kühlregale deutscher Supermarktketten sind ein Low-Fat-Paradies: extra magere Putenbrust, Fettreduzierte Sahne, Light-Joghurts, es gibt sogar fettreduziertes Hackfleisch, mit Eiweiß versetzt und „30 Prozent weniger Fett und 20 Prozent weniger Cholesterin“. Und wer richtig auf seinen Körper achten will, kauft sich das Vanielle-Eis mit sage und schreibe „40 Prozent weniger Fett“.
Gesund ist, was wenig Fett hat: Eine Maxime, nach der sich in Deutschland die Lebensmittelindustrie und ihr Marketing richten, auf der dutzende Diäten in Magazinen beruhen und die sich zu einer Art Volksweisheit verfestigt hat. Nicht nur hierzulande, in eigentlich allen Industrienationen. Seinen Ursprung hat der Light-Lifestyle wenig überraschend in den USA – und zwar auf Anraten der Regierung.
Alle fünf Jahre veröffentlichen das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium die sogenannten „Dietary Guidlines for Americans“, also die Ernährungsrichtlinien für die Bevölkerung. Und an diesen Richtlinien orientiert sich der Rest der westlichen Welt. Seit den 1980er Jahren steht Fett dort auf der schwarzen Liste – es sei ungesund, fördere Herzkreislaufbeschwerden und Adipositas. Daher gibt es ein staatlich empfohlenes Fett-Limit für Nahrungsmittel. Die Losung der Regierung hat sich seit 40 Jahren kaum verändert: Weniger Fett, dafür mehr Kohlenhydrate.
Die absolute Wahrheit
In einigen Monaten werden die neuen Richtlinien der US-Regierung veröffentlicht. Amerikanische Wissenschaftler haben jetzt einen Bericht vorgestellt, der diese absolute Wahrheit in Frage stellt. Die Expertenkomission, die die Regierung berät, fordert das festgesetzte Fett-Limit zu streichen. „Das Reduzieren des Fettgehalts und das Ersetzen des Fetts durch Kohlenhydrate verringert nicht das Risiko von Herzkreislauferkrankungen“, schreiben die Forscher.
Im Gegenteil seien die vielen raffnierten Kohlenhydrate, die stattdessen konsumiert würden, viel Gefährlicher. Weißbrot, Chips, Cornflakes und mit Zucker versetzte Lebensmittel seien die eigentlichen Dickmacher.
Ist Fett also gar nicht ungesund? Was dafür spricht: Trotz immer neuer Low-Fat-Produkte wird die Bevölkerung in Deutschland und den USA immer dicker. Wurde am Ende etwa der falsche Nährstoff verteufelt? Oder ist das nur ein weiterer Trend aus den USA, der sich bald als falsch herausstellt? Denn Fett hat pro Gramm einen doppelt so hohen Kaloriengehalt wie Kohlenhydrate. Und ein fetttriefendes Stück Fleisch, kann das wirklich gesund sein?
Was meinen Sie? Ist Fett gesund? Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 04./05. Juli 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Mittwochabend eine Mail an: streit@taz.de
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