Die Streitfrage: Mehr Psychotherapeuten?
Meistens wird erst darüber geredet, wenn es zu spät ist. Zu spät bedeutet: wenn Menschen sterben. Wie sollen wir mit psychischen Krankheiten umgehen?
Depressionen gelten mittlerweile als Volkskrankheit. In Deutschland leiden 4 Millionen Menschen daran, zeigen die Ergebnisse der bundesweiten Studie „Psychische Störungen“. Nach dem erzwungenen Absturz der Germanwings-Maschine durch den Kopiloten Andreas Lubitz scheint es eine Wende in der Debatte zu geben. Vor dem Unglück wurden depressive Menschen vor allem als Gefahr für sich selbst gesehen, nun auch für andere. Die Stigmatisierung psychisch Kranker könnte zunehmen, wie auch Psychiater warnen.
Während die Angehörigen der Opfer fassungslos sind, drehen sich die Fragen darum, ob die deutsche Luftfahrtaufsicht von der Erkrankung des Kopiloten Andreas Lubitz wusste und ob die Tauglichkeitsprüfungen überdacht werden müssen. Dahinter steht die Frage, wie mit psychischen Krankheiten umgegangen werden sollte und ob das Unglück zu verhindern gewesen wäre.
Psychische Probleme werden oft totgeschwiegen, da das Arbeitsumfeld die Angst vor Jobverlust schürt. Gesteht sich eine betroffene Person eine ernsthafte Krankheit ein, wartet sie laut Bundespsychotherapeutenkammer im Schnitt drei Monate auf einen Termin bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten. Und das unabhängig von der eigentlichen Beschwerde. Schwer depressive Menschen und Suizidgefährdete können bei fehlender Risikobestimmung und langen Wartezeiten nicht adäquat therapiert werden.
Die Versorgungssicherung psychisch Kranker ist Teil der Lösung. Doch die Zahl der Psychotherapeuten allein garantiert keinen Erfolg. Die Verteilung und die Qualität der Versorgung spielen ebenso eine Rolle, wie ein enttabuisierter Umgang mit psychischen Erkrankungen.
Brauchen wir mehr Psychotherapeuten und -therapeutinnen? Was denken Sie?
Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 11./12. April 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Mittwoch Abend eine Mail an: streit@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht