Die Schweiz und TTIP: Großkonzerne wittern Benachteilgung
Nestlé & Co. befürchten Einbußen, wenn sich EU und USA auf Abkommen einigen. Sie haben Angst vor Zollnachteilen und bürokratischen Hürden.
BERLIN taz | Schweizer Konzerne und Verbände drängen den Bundesrat, sich für eine Beteiligung am transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP einzusetzen. Das geht aus ihrem Forderungskatalog zum Runden Tisch der „Frankenstärke“ hervor – einem Treffen zwischen Unternehmen, Verbänden und dem Schweizer Bundesrat.
Schon mit der Aufwertung des Frankens seien Schweizer Produkte auf dem Weltmarkt teurer geworden, warnten Novartis, Nestlé & Co. Wenn sich die EU und die USA nun auf günstigere Rahmenbedingungen für den Handel untereinander einigen, gerate die Schweiz weiter ins Hintertreffen.
„Die Schweiz sollte entweder ein eigenständiges Freihandelsabkommen mit den USA anstreben oder die Möglichkeiten eines Anschlusses an die Freihandelszone TTIP prüfen“, verlangt der Energietechnikkonzern ABB in dem Schreiben, aus dem die Schweizer Handelszeitung zitiert. „Die Schweiz muss in den USA äquivalente Marktzutrittbedingungen erhalten, um nicht im Wettbewerb mit der EU-Konkurrenz benachteiligt zu werden“, so der Versicherer Zurich.
Konkret befürchten die Konzerne Zollnachteile und bürokratische Zusatzhürden für sich, wenn sich EU und USA auf einheitliche Produktionsstandards einigen.
Befürchtete Benachteiligung
Benachteiligen könnte das bilaterale Abkommen auch Schweizer Zulieferfirmen. Denn TTIP soll eine Ursprungsregel beinhalten, die vorschreibt, dass nur zollfrei eingeführt werden darf, was mehrheitlich in der EU oder den USA hergestellt wurde.
Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco, sieht mögliche Benachteiligungen der Schweizer Wirtschaft. Im letzten Jahr gab es zwei Studien über die Auswirkungen von TTIP in Auftrag – diese basieren allerdings auf Annahmen, weil die Schweiz nicht mitverhandelt und die Papiere nicht öffentlich sind.
„Solange TTIP noch nicht abgeschlossen ist und wir die Inhalte nicht kennen, können wir nicht sagen, wie wir weiter vorgehen werden“, sagt eine Sprecherin des Seco. Laut EU-Kommission könnte sich die Schweiz zwar der Freihandelszone anschließen. Aber sie müsste dann die von der EU und den USA ausgehandelten Regeln übernehmen.
Und da müssten nicht nur die Großkonzerne, sondern beispielsweise auch der Schweizer Bauernverband zustimmen. Das aber ist eher unwahrscheinlich – er hat dem Bundesrat bereits verkündet, dass er die Ideen der USA zu Gentechnik oder zur Tierhaltung nicht teile und deswegen kein Interesse an einem solchen Abkommen habe.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München