Die Regierung Trudeau legalisiert Kiffen: Cannabis in Kanada erlaubt
Das Parlament in Ottawa legalisiert Cannabis. Kanada ist das erste westliche Industrieland, das privaten Konsum und Besitz gestattet.
Damit setzt Kanadas liberaler Premierminister Justin Trudeau ein Versprechen aus dem Wahlkampf um. „Bislang konnten unsere Kinder viel zu leicht an Cannabis gelangen und Kriminelle haben die Profite eingefahren. Das ändert sich jetzt“, erklärte Trudeau nach der historischen Abstimmung, der ein fast einjähriges politisches Tauziehen zwischen den kanadischen Parteien vorausgegangen war.
Trudeau will mit der Legalisierung den Schwarzmärkten für Cannabis beziehungsweise Marihuana die Grundlage entziehen, denn die Droge ist in Kanada schon seit Jahren leicht erhältlich. Polizei und Behörden hatten den privaten Genuss zuletzt kaum noch verfolgt und Ärzte konnten Cannabis als normales Medikament verschreiben. In vielen Großstädten entstanden immer mehr Hanf-Apotheken, viele davon illegal oder halb-legal.
Nun wird der Besitz reguliert. Danach darf jeder volljährige Kanadier zukünftig bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich führen und zum Teil auch in der Öffentlichkeit konsumieren. Auch Cannabis-Öl ist bald legal. Verarbeitete Produkte wie Cannabis-Kekse sollen in einem Jahr zulässig sein. Der Eigenanbau von bis zu vier Pflanzen ist grundsätzlich gestattet, wobei die 13 kanadischen Provinzen und Territorien große Spielräume erhalten und von vielen Regeln abweichen können.
Lokale Regelungen
So wollen mit Québec und Manitoba mindestens zwei Provinzen den Eigenanbau nicht erlauben. Das Mindestalter für den Konsum von Haschisch variiert je nach Region zwischen 18 und 19 Jahren, auch der Vertrieb und Verkauf wird unterschiedlich geregelt. Einige Provinzen erlauben private Anbieter, andere nicht. In manchen Regionen des Landes darf die Droge nur im privaten Heim konsumiert werden.
Kanadas bevölkerungsreichste Provinz Ontario, zu der auch die Millionenmetropole Toronto gehört, hat sich für eine relativ restriktive Umsetzung entschieden. Das Mindestalter dort beträgt 19 Jahre. Gekauft oder bestellt werden kann Cannabis dort nur in staatlichen Läden, von denen es zunächst 40 geben soll. Bis 2020 soll die Zahl auf 150 steigen. Der Konsum in der Öffentlichkeit bleibt tabu.
Westküste liberaler
An Kanadas Westküste rund um Vancouver sind dagegen liberalere Regeln geplant. Die Provinz British Columbia will staatliche und private Ausgabestellen erlauben, wobei die Gemeinden bestimmen dürfen, an welchen Standorten die Läden eröffnen. Geraucht werden darf die Droge auch in der Öffentlichkeit, allerdings nur an jenen Orten, an denen auch der Konsum von normalen Zigaretten möglich ist.
Der Flickenteppich bei der Umsetzung ist ein politischer Kompromiss. Trudeau wollte damit Skeptiker an Bord holen und das unberechenbare Oberhaus auf seine Seite ziehen. Das führt zu einigen skurrilen Regeln. In den Nordwestterritorien etwa gibt es die Droge erstmal nur in Alkoholläden. In Manitoba dürfen einzelne Gemeinden den Genuss per Referendum wieder einschränken.
Das große Geschäft
Die Wirtschaft dagegen wittert das große Geschäft. Der Markt für Cannabis in Kanada wird auf rund sechs bis sieben Milliarden Dollar geschätzt und viele Unternehmen stehen schon in den Startlöchern. Allerdings sind dem Marketing Grenzen gesetzt. So dürfen die Verpackungen neben dem Produktnamen nur ein kleines Logo des Herstellers tragen und müssen Gesundheitswarnungen enthalten.
Auch der Import und Export von Cannabis nach und von Kanada bleibt weitgehend ausgeschlossen. Der Staat legt auch den Preis an der Theke fest. Er dürfte bei knapp zehn kanadischen Dollar pro Gramm liegen. Geplant hat die Regierung außerdem eine Extra-Steuer auf jedes verkaufte Gramm. Sie soll dem Staat gut und gerne 400 Millionen Dollar im Jahr einbringen.
Die Regierung hat erklärt, dass der 17. Oktober der Starttermin für die Neuregelung sein soll. Regierungschef Trudeau hat zugegeben, selbst ein paar Mal Haschisch geraucht zu haben – darunter mit Freunden nach seiner Wahl ins Parlament. Vor fünf Jahren hatte Uruguay als erstes Land den Genuss freigegeben. In den USA ist dies in neun Bundesstaaten erlaubt, darunter in Kalifornien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen