Die Raucherecke: Dummdreiste Doppelmoral

"Schockbilder" von Raucherlungen und anderen schlimmen Sachen auf Zigarettenschachteln? Aber gerne doch! Und zwar unter folgenden Bedingungen...

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", sagte jüngst Dagmar Schipanski, die Präsidentin der Krebshilfe, über die nun auch nicht allzu neue Idee, die Tabakkonzerne zum Abdruck abschreckender Bilder auf Zigarettenpackungen zu zwingen. Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte gefordert, schockierende Bilder etwa von Raucherbeinen auf Zigarettenschachteln vorzuschreiben. Im Gesundheitsministerium wird ein solcher Vorschlag derzeit geprüft. Staatlich verordnete Farbfotos von wuchernden Kehlkopftumoren, verengten Herzkranzgefäßen oder fröhlich vor sich hin metastasierenden Mundhöhlengeschwüren als kleine Hilfe zur Abgewöhnung der Nikotinsucht? Warum nicht!

Schließlich erinnert damit der Staat selbst an seine eigene Nikotinsucht: Er weiß wohl, was besser wäre für die Gesundheit seiner Bürger, nämlich ein Verbot oder wenigstens eine Verteuerung auf, sagen wir, fünfzehn Euro pro Schachtel; aber, verdammt, er kann sich doch das Verdienen am Rauchen selbst einfach nicht abgewöhnen! Und so warnt uns also eine Instanz vor unserer Fahrlässigkeit, die an unserer Fahrlässigkeit sehr gut und auch gerne verdient.

Bevor wir nun aber diese dummdreist-verrohte Doppelmoral als den hilflosen Unsinn geißeln, der sie ist - warten wir lieber einmal ab, wie weit der Staat seine Idee mit den bunten Bildchen zu treiben bereit sein wird. Vielleicht können wir uns jetzt schon freuen auf originelle Bilder von frisch aus Wracks geflexten, halb verbrannten Unfalltoten (auf Automobilen), offenen, noch blutenden Knochenbrüchen (auf Motor- und Fahrrädern), erblindeten Augen (auf Luftgewehren und anderen "Sportwaffen") oder entstellten Kindergesichtern (auf Silvesterböllern). Und wie verführerisch so eine Rotweinflasche wohl noch wirken würde, wäre ihr die detaillierte Darstellung einer Leberzirrhose im Endstadion beigegeben?

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