Die Kunst der Woche: Kühn, frech, dissonant
Nagel Draxler und Mietinnen Collection ermöglichen mit der Ausstellung „GLO-W!“ eine Wiederbegegnung mit der finnischen Künstlerin Kirsi Mikkola.
Gleich beim Eingang trifft man auf Glo, ein kleines Mädchen im roten Kleid und weißer Schürze. Anfang der 1990er Jahre, als sie noch an der UdK studierte, brachte Kirsi Mikkola Glo als Gipsfigur zur Welt. 2022 in Fiberglas gegossen, scheint sie erwachsen geworden zu sein und streckt zwei riesige Brüste in die Gegend. Aber nein! Die Sache ist tricky, es sind nur die Ellenbogen ihrer bloßen, resolut vor dem Körper verschränkten Arme.
Die Wiederbegegnung in der Ausstellung „GLO-W!“ mit frühen Werken der finnischen Künstlerin, neben neuesten Arbeiten, ermöglichte die Zusammenarbeit von Galerie Nagel Draxler und Mietinnen Collection.
Zu sehen, wie frisch ihre frechen frühen Skulpturen und Zeichnungen noch heute rüberkommen – neben Unschuldslamm Glo, spielen Quickie mit den kackbraunen Haaren und No.1, der bierbäuchige Glatzkopf in den grauen Hosen, prominente Rollen – ist faszinierend. Noch mehr aber beeindruckt, wie diese kühne Frechheit von Anfang an bis heute vor allem formal zum Ausdruck kommt, weniger im Motiv, wie es nahe liegt.
Es ist also die Malweise des „Untitled“ genannten, figurativen grünen Großformat von 2022 genauso provokativ wie Glos Ellbogen oder der Comic von 1992, in dem sie No. 1 in einem merkwürdigen Hybrid von Klär-und Fabrikanlage mit Exkrementen abduscht.
Kirsi Mikkola, GLO-W!, Miettinen Collection, Teil I: bis 22.10., Teil II: 29.10.– 17.12., Sa. 12–18 Uhr nur nach Vereinbarung, Marburger Straße 3, Anmeldung bis Do. 15 Uhr: 0179-7288216/ info(at)miettinen-collection.de; 030-86339514/mail@robertgrunenberg.com,
Die feministische Beschwerde gegen die gesellschaftliche Herabsetzung als Künstlerin (weil Frau, wie derzeit auch in Basel in „Fun Feminism“ zu sehen) artikuliert sich in dissonanten Farben – die „Untitled“-Großformate von 2022 weisen etwa schmuddeliges Rosa, glühendes Orange, lahmes flaches Grau oder auch giftiges Grün auf – und im Raum greifenden Gestus ihrer Malerei.
In deren expansivem, auch garstig-süffisantem Charakter zeigt sich Mikkolas Skepsis, aber vor allem auch ihre ungebrochen radikale Lust, im Diskurs über die Möglichkeiten der zeitgenössischer Malerei mitzumischen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit