Die Kriegsreporterin: Vorsicht, Querdenkeralarm!
Jauch, Maffay, Furtwängler – wer solche „Ouerdenker“ hat, braucht keine Preise mehr. Und: Ist noch jemand Nummer 87 bei der „Zeit“?
Hallo taz-Medienredaktion! Weißt du, was morgen für ein Tag ist? Nein? Na, wiedermal nicht auf zack, was? Also sei froh, dass ich es weiß: Morgen wird der „Querdenker Award“ verliehen.
Das ist ein Preis, der „Mut, Kreativität, Erfindergeist, Ideenreichtum und Leidenschaft“ ehren soll, und zwar von Menschen und Einrichtungen, „denen im Land der Dichter und (Quer-)Denker oftmals eine zu geringe Aufmerksamkeit zuteil wird“.
Entsprechend werden die stillen Wasser Günther Jauch, Peter Maffay und Maria Furtwängler ausgezeichnet. Die wirst du jetzt nicht kennen, denn es sind ja Menschen, denen sonst, wie gesagt, geringe Aufmerksamkeit zuteil wird. Aber ich sage dir, die denken echt quer. Wenn die denken, dann ist das so quer, dass in der Geradenrepublik Deutschland keine Linie auf der anderen bleibt.
Entsprechend wird Günther Jauch dafür gewürdigt, sich gegen „Unterschichtenfernsehen zu stellen“, Peter Maffay für sein soziales und politisches Engagement. Und Maria Furtwängler, weil sie sich nicht für, sondern sogar gegen Krankheit und Armut in der dritten Welt einsetzt. Was eben dabei rauskommt, wenn man so richtig, richtig quer denkt.
Auch Uli Hoeneß, der Steuerquerdenker, hat diese Auszeichnung schon bekommen. Und Til Schweiger. Niemand aber hat sich wohl so schön gefreut wie die Fotografin Herlinde Koelbl, die den Preis in die Luft reckt wie Sebastian Vettel seine Milchflasche. Toll ist auch die Innovationsjury, in der unter anderem der Trigema-Affenpapa Wolfgang Grupp und der Geschäftsführer des „Landhotel Schindlerhof“ sitzen. Neben Edelgard Bulmahn.
Nummer 87
Ich mag ja Die Zeit. Kluges Blatt. Von klugen Leuten geschrieben. Leider unterbezahlt, wenn sie frei für die Zeitung tätig sind. Aber wer will denn schon kleinlich sein? Also war ich sehr offen, als ich neulich per Mail die Aufforderung erhielt, ich könne eines von 500 Gratisabos bekommen. Natürlich musste ich schnell sein, das Ganze gilt nur, „solange der Vorrat reicht“.
Ich wollte schnell sein und stellte fest, ich bin die 87., die das Angebot wahrnehmen möchte. Ich versuchte es noch mal. Und es blieb dabei. Egal, wann ich das Angebot aufrief, ich war Nummer 87. Auch mein Kollege Thomas war die Nummer 87. Und ich bin es jetzt, eine Woche später, immer noch. Da sag ich jetzt mal: Da stimmt doch was nicht. Da klemmt doch der Zähler. Da hat doch einer seine Aboabteilung nicht unter Kontrolle. Da geht doch was nicht mit rechten Dingen zu.
Das ist doch nicht solide, so was. Ist das Schmu?, frage ich nun. Oder ist das eine Kampagne, die sich der Querdenker-Club, der ja viel mit total kreativen People arbeitet, ausgedacht hat?
Egal. Jeder kann sich irren. Auch ich will zugeben, dass ich neulich nicht richtig lag: Vorletzte Woche hatte ich total begeistert geschrieben, dass Freischreiber, mein kleiner, tapferer Verein, für seine Mitglieder ab 2014 den Presseausweis „ausgeben“ könne. Für nur 38 Ocken. Und das ist nicht ganz richtig. Das hat der Pressesprecher des DJV, Hendrik Zörner, zur Korrektur unter meinen Text geschrieben. Und er hat recht: Freischreiber kann den nicht „ausgeben“. Aber Mitglieder können ihn über Freischreiber beziehen. Was ja ausreicht, um den spaßbefreiten Osteoporosevereinen DJV und Ver.di den Rücken zu kehren.
So, Medienredaktion, möchtest du dich auch mal wichtig fühlen? Möchtest du auch einmal bei einer Entscheidung der Mover und Shaker mitreden? Dann geh auf die Seite vom Reporter-Forum, reporter-forum.de. Da wird ausgelost, wer der 20. Juror beim Reporter-Preis wird. Den Loseimer schüttelnd, zurück nach Berlin!
Leser*innenkommentare
Aua, meine Knochen!
Gast
Langsam nervt das Burmestersche Kriegsgeheul um ihren Verein. Bislang habe ich von den Kreischweibern oder wie die heißen nicht viel mehr wahrgenommen, als tösende Selbstbeweihräucherung. Wenn man nach dem sucht, was der Club für seine Mitglieder bislang erreicht hat, findet man einen ziemlich flachen Stapel - jedenfalls im Vergleich mit denen der spaßbefreiten Osteoporosevereine. Beispiel: Die versuchte Rechte-Enteignung durch die Gruner-und-Jahr-AGB. Während sich die Freischreiber zum kontroversen Kaffeeklatsch mit der Verlagsleitung zusammensetzten, dort höflich aber bestimmt abgebügelt wurden, sich aber ob der Höflichkeit ernst genommen und wichtig vorkamen; setzten djv und ver.di auf bewährte spaßbefreite Mittel und klagten - und zwar mit weitaus mehr Erfolg als Burmesters Latte-Macchiato-Delegation. Der Presseausweis, den die Dame hier so anpreist, würde übrigens auf Umwegen von ver.di kommen.
Wer im Glashaus sitzt, liebe Freischreiber, sollte besser aussehen.
vic
Danke Silke, das war wieder super.
Jared J. Myers
Gast
Die Jury sollte den Begriff "Querdenker Award" doch bitte vollständing ins Englische übersetzen... und angesichts der bisherigen PreisträgerInnen dann nicht von einem "award for lateral thinking" sprechen, sondern gleich vom "square thinking award" - das klingt nicht nur ähnlicher, sondern trifft es besser.
lowandorder
Gast
Uff - pufffmatussekfreie Zone!
- ward ook bi lütten tid;
(so all an dwarsdeepdenkern;-))
nein - bitte keinen Preis, dannichfür!)
Ps "…Ich mag ja Die Zeit "- ? -
"… Kluges Blatt…"- ? - wat?
tjä, wenn juch dat nich glöft,
lüch ik juch nix wedder vör!
(Klammerbüddel or productplacement?)
pps: 08/15 on the rocks - sieht ja noch scheißer aus als gedacht!
Gastname
Gast
Till Schweiger ist tatsächlich ein Querdenker, ganz im Gegensatz etwa zur ZEIT wo jeder kritische Gedanke bezüglich der eigenen Dogmen im Keim erstickt wird.
Insofern ist es auch nicht verwunderlich, wenn die ZEIT zu deartigen Methoden greifen muss, um den Leserschwund zu bekämpfen.
Jens Brehl
Toller Beitrag, schön bissig. Bei der Zeit scheint es wohl an der Zeit zu sein, die weiche Auflage mit Gratis-Abos zu erhöhen. Kommt bei mir leider irgendwie verzweifelt rüber...
Ihr Beitrag in der letzten Woche hatte mit so gar nicht gefallen, aber dieser ist wieder erste Sahne. Danke dafür!
oranier
Gast
Nr. 87? Das kann nicht sein, die Nummer hab' ich schon.
Es reicht!
Gast
So und jetzt mal klartext zum Presseausweis:
Es gibt keinen amtlichen Presseausweis in Deutschland und das ist sehr gut. Jeder Verein kann eigene Presseazsweise ausgeben und viele machen das auch. Denn Journalist ist kein Ausbildungsberuf und jeder hat das Recht journalistisch tätig zu sein. Nur die Spinner vom DJV und Verdi behaupten das ihr Presseausweis der einzig richtige ist. Nach ihren selektiven Regeln. Jeder Blogger ist durch das Presserecht geschützt aber den "Presseausweis" dürfen sie nicht haben! Warum? Vielleicht weil dort Leute Angst um ihre Monopolstellung haben.
Pik Sieben
Gast
@Es reicht! Entscheidend ist aber nicht, wer einen Ausweis ausgeben hat, sondern von wem er anerkannt wird. Man kann mit einem ganzen Leporello an Karten vor einer Messehalle stehen; wenn die Messegesellschaft diese nicht anerkennt, ist es bloß Papier.