Die Kohledämmerung geht weiter: Doppelschlag gegen Klimakiller

Die OECD schränkt die Förderung neuer Kraftwerke dank Exportkrediten ein. Großbritannien will bis 2025 komplett aus der Kohle aussteigen.

Viele Polizisten vor einem Kraftwerk

Das Kohlekraftwerk Ratcliffe muss vom Netz. Foto: reuters

BERLIN taz | Kurz vor Beginn der Klimakonferenz in Paris mehren sich die Signale für einen allmählichen Ausstieg aus der Kohleverstromung: Die in der OECD zusammengeschlossenen Industriestaaten haben am Dienstagabend neue Kriterien für die Förderung von Kohlekraftwerken beschlossen; am Mittwoch verkündete Großbritannien einen weitgehenden Ausstieg aus der Kohle bis zum Jahr 2025.

Die OECD einigte sich nach langem Streit darauf, dass Exportkreditgarantien von 2017 an nur noch für Kraftwerke genehmigt werden dürfen, die bestimmte Kriterien erfüllen. Grundsätzlich gefördert werden dürfen nur Kraftwerke mit der höchsten Effizienz. Weniger leistungsstarke Anlagen sind nur bis zu einer bestimmten Größe und nur in Ländern mit geringem Einkommen zulässig.

Zudem soll – außer in ärmsten Entwicklungsländern und isolierten Gegenden – vorab geprüft werden, ob klimafreundlichere Alternativen verfügbar sind und ob die Vorhaben mit der jeweiligen nationalen Klimaschutzstrategie vereinbar ist.

Ein Vertreter der US-Regierung, die die Entscheidung maßgeblich ausgehandelt und gegen die kohlefreundlichen Länder Japan, Südkorea und Japan durchgesetzt hat, sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von einem „hart umkämpften Kompromiss“, der einen „großen Schritt nach vorn“ bedeute.

Unterstützt wurde der Vorschlag auch von der EU, die sich lange nicht auf eine Position einigen konnte. In Deutschland betreffen die neuen Regeln vor allem die sogenannten Hermes-Kredite.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen beurteilten die Entscheidung sehr unterschiedlich. Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals sieht sie als „wichtiges Signal, dass die Kohledämmerung begonnen hat“. Er rechnet damit, dass die Exportkredite um zwei Drittel zurückgehen, sofern die neuen Regeln konsequent umgesetzt werden.

„Das ist nicht die Zukunft“

Die Organisation Urgewald hält den Beschluss hingegen für „halbherzig“. Die Energieexpertin der Organisation, Regine Richter, vermutet, dass viele Projekte nicht gestoppt, sondern lediglich auf modernere Kraftwerke umgestellt werden. Auch diese stießen aber jahrzehntelang Treibhausgase aus und seien daher mit den weltweiten Klimazielen nicht vereinbar.

Die zweite wichtige Meldung in Sachen Kohle kommt aus London: Energieministerin Amber Rudd verkündete am Mittwoch, dass Großbritannien bis 2025 alle bestehenden Kohlekraftwerke stilllegen wird. Bisher produzieren sie rund 25 Prozent des britischen Stroms. „Das ist nicht die Zukunft“, sagte Rudd. Großbritannien ist das erste Industrieland, das einen kompletten und relativ kurzfristigen Kohleausstieg ankündigt.

Auf wenig Begeisterung stoßen bei Umweltverbänden allerdings die Alternativen, die Rudd plant. Ersetzt werden sollen die Kohlekraftwerke überwiegend durch neue Gaskraftwerke. Diese stoßen deutlich weniger klimaschädliches CO2 aus. Zu einem geringen Teil sollen die Kohlekraftwerke zudem durch neue Atomreaktoren ersetzt werden.

Druck auf Deutschland steigt

Den Ausbau erneuerbaren Energien hat die konservative Regierung hingegen deutlich gebremst. Simon Bullock von der Organisation Friends of the Earth hält das für den falschen Weg. Der Umstieg von Kohle auf Gas sei vergleichbar mit einem „Alkoholiker, der von zwei Flaschen Whiskey am Tag auf zwei Flaschen Portwein umsteigt“.

Mit der Entscheidung in Großbritannien steigt der Druck auf die deutsche Regierung. Diese hat sich bisher nicht auf ein Datum für den Kohleausstieg festgelegt; beschlossen wurde lediglich, bis 2020 etwa 13 Prozent der Braunkohlekapazitäten stillzulegen – gegen hohe Entschädigungszahlungen für die Betreiber. Die Entwicklungsorganisation Oxfam forderte die Bundesregierung auf, dem britischen Beispiel zu folgen.

„Das Festhalten an der klimaschädlichen Kohle ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch unnötig“, sagte Sprecher Bastian Neuwirth. Greenpeace hatte kürzlich ein Konzept zum Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030 und aus der Steinkohle bis 2040 vorgelegt. Anders als in Großbritannien soll die Kohle allein durch erneuerbare Energien ersetzt werden.

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