Die Grünen vs die Coronakrise: Poetisch gegen Pandemiefolgen
Mit einem „Zukunftspakt“ will die Bundestagsfraktion der Grünen der Coronakrise zu Leibe rücken. Nur wie das bezahlt werden soll, bleibt unklar.
Die beiden Vorsitzenden der grünen Bundestagsfraktion präsentierten Eckpunkte für ein mehrere hundert Milliarden Euro schweres Programm zur Bewältigung der Coronakrise. Gebraucht werde jetzt ein „dreifacher Kraftakt“, so Göring-Eckardt. Erstens müsse die Wirtschaft stabilisiert und zukunftsfest umgebaut werden. Zweitens müsse der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt werden. Drittens sei es notwendig, „zu einem neuen Wir in Europa zu kommen“.
Die auf 46 Seiten zusammengefassten grünen Vorstellungen reichen von einem „echten Corona-Elterngeld“ über „Kauf-vor-Ort-Gutscheine“ bis hin zu einer umfassenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes „noch vor der Sommerpause“. Ein Kulturrettungsfonds ist ebenso mit im Angebot wie ein Schutzschirm für den ÖPNV.
Als „das Herz“ ihres „Zukunftpaktes“ bezeichnete Hofreiter einen auf zehn Jahre angelegten Investitionsfonds in Höhe von 500 Milliarden Euro, mit dem der Klimaschutz vorangebracht, die Infrastrukturen der Zukunft geschaffen und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden solle.
Beim Geld wirds' schwammig
Ausdrücklich bekennen sich die Grünen dabei zur staatlichen Unterstützung von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Aber Beteiligungen, Investitionszuschüsse oder große Kreditlinien müssten „an die Bedingung von ökologischen, sozialen und gleichstellungspolitischen Kriterien für die jeweiligen Unternehmen gebunden sein“.
Eine „Notwendigkeit zielgerichteter Hilfen“ sehen die Grünen insbesondere für die Autoindustrie als einer „Schlüsselbranche der deutschen Volkswirtschaft“. Doch anders als der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs sprechen sie sich gegen Kaufprämien auch für fossile Verbrenner aus. Zusätzliche Kaufanreize dürfe es „ausschließlich für klimafreundliche Pkw“ geben. „Ich bin anderer Meinung als Winfried Kretschmann, was das angeht“, sagte dazu Göring-Eckardt knapp. Auch Hofreiter sagte zur Kretschmann-Linie: „Das teilen wir schlichtweg nicht.“
Darüber hinaus fordern die Grünen, dass Unternehmen, die unterstützt werden wollen, keine Boni oder sonstige Sonderleistungen an ihre Topmanager auszahlen dürfen sowie auf Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen verzichten. Töchterfirmen in Steueroasen müssten geschlossen werden. Wie auch so manches andere deckt sich das mit Positionen der Linkspartei und der SPD – was es nicht falsch macht.
Auffällig schwammig wird es bei den Grünen, wenn es um die Finanzierung geht. „Zur Bewältigung der Schuldenlasten brauchen wir auch einen solidarischen Ausgleich nach dem Prinzip: Wer starke Schultern hat, kann mehr tragen“, heißt es da nur. Aber was heißt das? Die Reaktivierung der Vermögensteuer, eine Reichenabgabe, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder etwas ganz anderes? Darauf gibt es bislang keine Antwort – weder in dem Papier der grünen Fraktion noch auf Nachfrage von deren Vorsitzenden Hofreiter und Göring-Eckardt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten