Die Grünen hadern mit Moorburg: Die Partei und die Kohle

Für Grünen-Parteichef Bütikofer sind die Gesetze schuld. Tübingens Bürgermeister Boris Palmer will "Kohle nicht verteufeln". Das sehen seine Parteikollegen anders.

Anderswo sieht man das mit der Kohle gelassener. Bild: dpa

BERLIN taz Kaum sind die Grünen irgendwo an der Macht, bauen sie auch schon Kohlekraftwerke. Dass sich dieser Eindruck nach der Genehmigung des Kraftwerks Hamburg-Moorburg durch die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk aufdrängen könnte, weiß keiner besser als Boris Palmer.

Der grüne Tübinger Oberbürgermeister beteiligte sich mit seinen Stadtwerken jüngst an einem Kohlekraftwerk in Brunsbüttel. "Moorburg ist eine Warnung, dass wir in der Kohlefrage nur solche Ziele formulieren sollten, die in Regierungsverantwortung auch realisierbar sind", sagte Palmer. Sein Vorschlag: "Wir sollten nicht Kohlekraftwerke an sich verteufeln."

Es sei falsch, die grüne Diskussion "auf die Verhinderung neuer Kohlekraftwerke zu verengen". Stattdessen müsse die Rolle der alten, ineffizienten Kohlemeiler betont werden: "Wir brauchen ein Ausstiegsgesetz für alte Kohlekraftwerke mit schlechten Effizienzgraden. Dann sollten wir nüchtern darüber reden, ob vielleicht eine sehr kleine Anzahl neuer Kohlekraftwerke in einem Klimaschutzszenario noch eine Rolle spielen kann", sagte Palmer.

Damit ist er in seiner Partei allerdings bislang recht isoliert. "Jeglichen Neubau lehnen wir schlicht und ergreifend ab", sagt etwa die baden-württembergische Landeschefin Petra Selg. In Karlsruhe und Mannheim kämpft ihr Landesverband gerade gegen neue Kohlekraftwerke. Selg gesteht aber zu: "In der Regierungspflicht sehen solche Entscheidungen anders aus als in der Partei."

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer wertet die Entscheidung für Moorburg als "bitteren politischen Rückschlag". Schuld daran sei aber die Rechtslage, nach der die CO2-Belastung durch ein neues Kohlekraftwerk im Genehmigungsverfahren keine Rolle spiele. "Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass ein Versuch, ein neues Kohlekraftwerk zu verhindern, über das Wasserrecht oder die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gehen muss." Leider habe das Hamburger Oberverwaltungsgericht Hajduk hier die Waffe aus der Hand geschlagen. Dies sei im Wahlkampf nicht absehbar gewesen.

Unterstützt wird Bütikofer vom Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Rainer Baake. "Bedauerlicherweise gibt es in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Genehmigung klimaschädlicher Kohlekraftwerke", sagt er. Das müsse sich ändern. Bis dahin könnten die Verbrauchern nur mit einem Stromanbieterwechsel Druck auf die Konzerne ausüben.

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