■ Die Bündnisgrünen debattieren über die Nato-Osterweiterung: Ein normaler politischer Streit
Die Bündnisgrünen werden also heute bei der Abstimmung über die Nato-Osterweiterung im Bundestag ein Bild der Zerrissenheit bieten, und manche Beobachter werden darin ein neuerliches Indiz für die schwere Krise der Partei sehen. Das Gegenteil ist richtig. Noch ist offen, ob es die Grünen schaffen werden, die verheerenden Fehler der letzten Wochen auszubügeln – aber der Weg, den die Fraktion heute geht, könnte ein erster Schritt dahin sein.
Es gibt sehr gute Gründe, die Nato-Osterweiterung für einen schweren politischen Fehler zu halten. Es gibt noch bessere Gründe, sich von einer möglichen Regierungspartei vor allem in Fragen der Außenpolitik Geschlossenheit zu wünschen. Allein, die Verhältnisse, sie sind nicht so.
Der Versuch, einen Kompromiß zwischen den Strömungen herbeizuführen, ist auf dem Parteitag in Magdeburg gescheitert. Daran läßt sich durch kein Abstimmungsverhalten im Parlament mehr etwas ändern. Der Versuch des Bundesvorstandes, den von der Partei abgelehnten Kompromiß quasi durch die Hintertür in der Fraktion durchzusetzen, war rabulistisch. Die Linken im Vorstand hätten Vertretern der realpolitischen Linie, allen voran Joschka Fischer, jederzeit vorwerfen können, sich nicht an Parteitagsbeschlüsse zu halten, und sich dennoch über ein für sie akzeptables Abstimmungsverhalten bei den anstehenden außenpolitischen Fragen freuen können.
Für Joschka Fischer und seine Verbündeten aber wäre eine Enthaltung bei der Nato-Osterweiterung mit einem irreparabel schweren Verlust an Glaubwürdigkeit verbunden gewesen, da das Ziel einer einheitlichen Parteilinie eben nicht mehr erreichbar war. Es gibt eine Grenze, über die hinaus das Zugpferd einer Partei nicht beschädigt werden darf. Mit den Stimmen der Parteibasis allein werden die Grünen niemals an die Macht kommen. Deshalb stehen sie jetzt allemal besser da, wenn sie ihre ohnehin allgemein bekannten Meinungsverschiedenheiten offen austragen. Dabei sollte auch die Kirche im Dorf bleiben: Unterschiedliche Positionen zur Nato-Osterweiterung haben mit der Frage der Regierungsfähigkeit nun wahrlich nichts zu tun. Auch der US-Senat streitet bekanntlich über das Thema.
Für die Wahlen wird jetzt alles davon abhängen, ob die Grünen ihre gemeinsamen Positionen zu Themen wie Ökosteuer und Benzinpreis vermitteln können. Ein auf dem Länderrat im Juni zu verabschiedendes „Kurzprogramm“ mag da helfen – aber nur, wenn jetzt endlich wirklich alle Seiten auf Profilierungsversuche zu Lasten interner Gegner verzichten. Bettina Gaus
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