Dicke Luft zwischen Senat und Vattenfall: Prüfungstermin geplatzt
Die Hamburger Umweltbehörde verschiebt die Vorprüfung einer neuen Fernwärmeleitung aus dem Kohlekraftwerk Moorburg bis auf weiteres.
Grund für die Verschiebung des Scoping-Termins seien „Vorbehalte und Einwände gegen die vom Energieunternehmen Vattenfall beabsichtigte Trassenführung“, teilte die Umweltbehörde mit. Unter anderem habe die Hafenbehörde HPA Vorbehalte angemeldet, sagte Behördensprecher Jan Dube. Welche genau, führte er jedoch nicht aus. Und das Kerstan Wedel nicht durch Moorburg ersetzen wolle, sei ja bekannt. Einen neuen Termin gebe es noch nicht.
Besonders brisant aus Sicht derjenigen, die sich die Umsetzung des Volksentscheids auf die Fahnen geschrieben haben, ist der Antrag Vattenfalls, Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg ins Netz zu speisen. Damit würde die Kohle besser ausgenutzt, aber auch mehr Kohle verbrannt. Die Wirtschaftlichkeit und damit die Zukunftsperspektiven des Kohlekraftwerks würden sich verbessern. Ein Anschluss Moorburgs widerspricht allerdings dem rot-grünen Koalitionsvertrag.
Konkret hat Vattenfall eine Fernwärmeleitung von dem Kraftwerk zur Halbinsel Dradenau beantragt. Von dort aus könnte die Wärme durch eine von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) ohnehin geplante Leitung unter der Elbe hindurch nach Altona strömen. Dieses Szenario wird aber von Akteuren wie dem Hamburger Energietisch (HET) und dem Umweltverband BUND abgelehnt. Ein ähnliches Projekt hat vor einigen Jahren zu heftigen Protesten und Baumbesetzungen im Grünzug Altona geführt.
Vattenfall wirbt für den Anschluss mit dem Argument, das Heizkraftwerk Moorburg sei „die modernste Anlage Deutschlands“. Sie könne die Versorgung sichern, wenn andere Wärmequellen ausfielen; sie könne Lücken schließen und eine hohe Temperatur im Netz sicherstellen.
Der Senat hat bis zum 30. November Zeit, die Fernwärme zurückzukaufen und so einen Volksentscheid umzusetzen.
Ziel: „sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien“.
Vattenfall und Senat streiten über die Höhe des Rückkaufpreises und die Wärmequellen.
Das kollidiert mit den Zielen der Volksinitiative „Tschüss Kohle“, für die gerade Unterschriften gesammelt werden und die auch Umweltsenator Kersten und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (ebenfalls Grüne) unterschrieben haben. Demnach soll ein in der Hand der Stadt befindliches Fernwärmenetz spätestens ab 2026 ohne Wärme aus Stein- oder Braunkohle auskommen.
Beim Wärmedialog in der vergangenen Woche wies die Initiative darauf hin, dass die Landeshaushaltsordnung einen Rückkauf nicht gefährden müsse. Die Initiative befürchtet, dass der zwischen Senat und Vattenfall vereinbarte Mindestpreis für die Fernwärme weit über deren derzeitigen Wert liegen könnte.
Da die Haushaltsordnung sparsames Wirtschaften gebietet, dürfte der Senat nicht kaufen. Allerdings kommt es in der Haushaltsordnung nicht nur auf den betriebswirtschaftlichen Wert eines Unternehmens an, sondern auch auf „Kosten und Nutzen für die Gesellschaft“ bei einem Geschäft.
In der gleichen Sitzung bezweifelte der Lohfeldener Rechtsanwalt Peter Becker, dass der Mindestpreis gültig sei. Der Grund: Vattenfall habe als größter Fernwärmeversorger Hamburgs eine marktbeherrschende Stellung, die er nach dem Kartellrecht nicht ausnutzen dürfe.
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