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Dichtung und Wahrheit Donald Trump will das Abkommen zum Klimaschutz kündigen. In seiner Begründung setzt er auf verdrehte Tatsachen und falsche InterpretationenMit Fake Facts zum Ausstieg

von Bernhard Pötter

Als US-Präsident Donald Trump am Donnerstag im Rosengarten des Weißen Hauses vor die wartende Menge tritt, nennt er das Klimaabkommen von Paris den „Paris Accord“. Schon der Name ist falsch. Offiziell heißt der Vertrag „Paris Agreement“. Eine unbedeutende Ungenauigkeit, aber ein Signal: Trump sind Details nicht wichtig.

Trumps Aufkündigung des Klimaschutzabkommens strotzt denn auch vor Halbwahrheiten und verdrehten Tatsachen. In seiner Ansprache wiederholt der bekennende Klimawandelleugner immer wieder ein Thema: Der Vertrag sei unfair, weil er den USA Pflichten auferlege, die andere Länder nicht hätten; Klimaschutz sei eine Bürde für die US-Wirtschaft; und das Pariser Abkommen sei ein Mittel der anderen Staaten, die USA ökonomisch zu unterjochen.

Trump erklärt, das Abkommen sei für den Verlust von Millionen Jobs in den USA verantwortlich – aber es ist überhaupt erst seit November 2016 in Kraft. Die Verpflichtungen der USA daraus im „Clean Power Plan“ wiederum greifen noch nicht – der Plan hängt in den USA vor den Gerichten fest. Dass die USA historisch weltweit am meisten Treibhausgas in die Luft geblasen haben, dass sie immer noch einen der höchsten Pro-Kopf-Ausstöße aller Länder haben und auch absolut hinter China noch auf Platz zwei der Verschmutzer liegen, erwähnt er nicht. Wenn er von den „großen Verschmutzern“ redet, meint er nicht sein Land.

Trump verspricht den Zuhörenden, er werde aussteigen oder „einen besseren Deal aushandeln“. Allerdings ist bislang niemand in Sicht, der diesen Deal mit ihm machen wollte. „Keine Nachverhandlungen“ , das ist globaler Konsens.

Seltsame Zahlen

Der Präsident jongliert mit seltsamen Zahlen. Das Abkommen werde in den USA bis 2025 insgesamt 2,7 Millionen Arbeitsplätze kosten, zitiert er die National Economic Research Associates – das sind keine internatio­nal anerkannten unabhängigen Ökonomen, sondern es ist eine Firma von Wirtschaftsberatern, die ihren Kunden aus der Industrie gern aufschreiben, was Umweltgesetze kosten. Laut SourceWatch hat das Institut etwa für die Kohleindustrie errechnet, dass Ökoauflagen der Umweltbehörde EPA die Indus­trie 11 Milliarden Dollar jährlich kosten. Renommierte Forscher bei der OECD, dem Zusammenschluss der Industrieländer, haben dagegen Rechnungen präsentiert, wonach sich Klimaschutz insgesamt für die G-20-Staaten sehr schnell in Wachstum, Arbeitsplätzen und Modernisierung niederschlagen kann.

Trump erweckt den Eindruck, China habe die besseren Bedingungen bekommen. „Noch 13 Jahre“ dürfe das Land seine Emissionen steigern, klagt er – korrekt. Dass China erst vor wenigen Jahrzehnten mit der Industrialisierung begonnen hat und, umgerechnet auf die Bevölkerungszahl, weniger als die Hälfte der Pro-Kopf-­Emission vorweist als die USA, sagt er nicht. Er beklagt sich, China und Indien dürften „Hunderte zusätzlicher Kohlekraftwerke bauen, wir aber nicht“. Das Abkommen selbst verbietet gar nichts – sondern die USA ­haben das in ihrem ­Klimaplan so festgelegt. Und gerade China und Indien haben im letzten Jahr den Bau von etwa 120 Kraftwerken gestoppt.

„China hat seine Emissionen nicht verringert“, sagt danach Scott Pruitt, der Chef der Umweltbehörde EPA, zu CNN. Zahlen sprechen dagegen: Seit drei Jahren sinken die Emissionen und Kohleverbräuche in China.

„Mit Erneuerbaren können wir 1 Prozent Wachstum befeuern“, sagt Trump. „Für die 3 bis 4 Prozent Wachstum, die ich erwarte, brauchen wir alle Energieformen.“ Da ist der Präsident sehr optimistisch. Seit 2015 bewegt sich das US-Wachstum zwischen 0,8 und 3,5 Prozent.

Wieder seltsame Zahlen: Selbst wenn das Pariser Abkommen erfolgreich sei, so Trump, werde es „im Jahr 2100 nur 0,2 Grad weniger Erwärmung bringen“. Möglicherweise bezieht er sich auf eine sehr konservative Studie der Uni MIT. Die Experten vom Climate Action Tracker aus verschiedenen Thinktanks sehen dagegen das Potenzial, dass die Erwärmung „mit Paris“ bei jetziger Anstrengung um 0,8 Grad geringer ausfällt als „ohne Paris“. Wenn das Pariser Ziel von höchstens 2 Grad Erwärmung erreicht wird, steigt die Differenz sogar auf 1,6 Grad – ein riesiger Unterschied zwischen Klimawandel und Klimakatastrophe.

Fakt ist, dass im Pariser Abkommen jedes Land selbst seine Ziele definiert

Amerika bleibe ein „Anführer im Umweltschutz“, so Trump. Dort gebe es „die sauberste Luft, das sauberste Wasser.“ 2009 lebten aber nach einem Bericht der American Lung Association 60 Prozent der US-Amerikaner an Orten, wo die Luftverschmutzung so stark war, dass sie krank machen kann. Die Werte haben sich allerdings seitdem in manchen Bereichen verbessert.

„Der Grüne Klimafonds verpflichtet die Industrieländer, 100 Milliarden Dollar im Jahr zu zahlen“, beschwerte sich der Präsident. Das ist schlicht falsch. Im Pariser Abkommen steht eine Zusage der Industrieländer von 2009, dass sie ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Hilfen zum Klimaschutz in armen Ländern „mobilisieren“ wollen – aus staatlichen Hilfsgeldern, aber auch aus Krediten und Investitionen. Im Grünen Klimafonds haben die Industrieländer 2014 insgesamt etwa 10 Milliarden Dollar versprochen. Die USA haben 3 Milliarden zugesagt, bisher aber nur 1 Milliarde gezahlt, der Rest wird nicht mehr fließen.

Dreiste Lügen

Während die USA „Milliarden und Milliarden“ gezahlt hätten, würden andere Länder nichts tun – wieder falsch. China etwa hat angekündigt, 3,1 Milliarden Dollar in Klimahilfen zu investieren, allerdings nicht über den Grünen Klimafonds. Deutschland hat eine Milliarde gezahlt, pro Kopf 12 Dollar, deutlich mehr als die 9 Dollar der US-Amerikaner. Den Rekord halten Schweden und Luxemburg mit jeweils fast 60 Dollar pro Kopf. Die „Milliarden“ aus den USA seien in Länder geflossen, die gleichzeitig den USA die Jobs gestohlen hätte, so Trump weiter. Bisher gingen die Gelder des Grünen Fonds aber eher an Staaten wie Tadschikistan, Fi­dschi, Peru, Salomon-Inseln oder Malawi.

„Unsere Wirtschaft ist geschrumpft, während der Rest der Welt diese Klimaziele nicht einhalten muss“, sagte EPA-Chef Scott Pruitt. Fakt ist, dass im Pa­riser Abkommen jedes Land selbst seine Ziele definiert hat und sie gerade nicht von außen diktiert bekommt. Wer Klimaziele erreichen muss, hat sie sich selbst gegeben. Und wenn er Ziele nicht erreicht, gibt es keine Sanktionen. Nicht einmal, wenn er aus dem Abkommen aussteigt – und auch nicht, wenn er diesen Ausstieg mit windigen Argumenten begründet wie der US-Präsident Donald Trump.

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