Dichten Die muslimische Variante des Poetry Slam auf dem taz.lab: i,Slam: Angry Young Muslims
Von Daniel Bax
Sami El-Ali, 25, ist in Berlin geboren. Die Sarrazin-Debatte hat ihn dazu provoziert, zu zeigen, dass Muslime einen Beitrag zum Land der Dichter und Denker leisten können, indem sie in deutscher Sprache reimen. Auf der Bühne trägt er satirische und ernste Texte vor. Er ist Mitglied bei „i,Slam“.
Leila Younes El-Amaire, 24, stammt auch aus Berlin und studiert dort Jura an der Freien Universität. Von Anfang an ist sie bei „i,Slam“ dabei, im Vorstand aktiv und für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, und sie gibt Poetry Slam-Workshops für Jugendliche. Die Kunstform der gesprochenen Poesie ist für sie ein Mittel, sich auszudrücken, sich in diese Gesellschaft einzubringen und Vorurteile zu zertrümmern, die ihr aufgrund des Kopftuchs, das sie trägt, entgegen gebracht werden.
Youssef Adlah, 27, in Syrien geboren und aufgewachsen, kam mit zehn Jahren nach Deutschland. Heute schreibt er Gedichte in deutscher Sprache, die er erst lernen musste, er gehört zu den Erfindern von „i,Slam“. Adlah engagiert sich in sozialen Projekten und schreibt an seinem ersten Buch. „Ich mache Poetry Slam, weil Worte Menschen verändern können“, ist er überzeugt.
In seinem Gedicht „Heimatschweigen“ erzählt er, warum es ihm schwer fällt, über den Konflikt in seinem Geburtsland zu reden.
Die Kunstform des Poetry Slam stammt aus den USA. Rhythmische Gedichte werden dabei auf der Bühne präsentiert, es klingt wie Rap, nur ohne Musik. Die Idee zu einer muslimischen Variante des Genres kam den Gründern vor fünf Jahren, im Dezember 2011 feierten sie ihre Premiere. Die Kunstform liege für Muslime durchaus nahe, meinen die Macher: Schon der Prophet und seine Gefährten seien Dichter gewesen, der Koran sei in Versform verfasst. Doch es geht bei ihnen nur am Rande um Religion, die meisten Poeme sind gesellschaftskritisch oder einfach nur unterhaltsam.
Mit ihrem Sprech-Stakkato sind die Wortkünstler schon bei Poesiefestivals aufgetreten, wurden in die USA und nach Tunesien eingeladen. Sie geben Workshops in Schulen, Jugendzentren und an Universitäten und animieren Jugendliche, es ihnen gleich zu tun. Gemeinsam mit jüdischen, christlichen und anderen KollegInnen organisierten sie den ersten „interreligiösen Poetry Slam“, der inzwischen in regelmäßigen Abständen statt findet. Sie arbeiten mit anderen KünstlerInnen, mit GrafikerInnen und MusikerInnen zusammen.
Und an diesem Samstag werden sie in Berlin-Wedding ein eigenes Büro eröffnen, eine feste Adresse. Die I,Slammisierung des Abendlandes ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Wunderbar!
Erleben Sie „i,Slam“ am 2. April live auf dem taz.lab.
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