Devrim Akçadağ wird nicht ausgeliefert: Kurdologe aus Haft entlassen
Am 1. August wurde Devrim Akçadağ wegen angeblicher PKK-Zugehörigkeit auf Sardinien festgenommen. Er kann zurück nach Deutschland.
Nach ziemlich genau acht Wochen ist der Journalist und Wissenschaftler Devrim Akçadağ in Italien aus dem Hausarrest entlassen worden. Am Montag wurde der deutsche Staatsbürger darüber informiert, dass das italienische Gericht den Auslieferungshaftbefehl gegen ihn aufgehoben hat. „Ich habe mich riesig gefreut“, sagte Akçadağ der taz. „Damit ist eine große Last von mir gefallen.“
Akçadağ, der am Institut für kurdische Studien der Freien Universität Berlin sowie als Übersetzer arbeitet, war am 1. August im Urlaub auf Sardinien festgenommen worden, wo er sich mit seiner elfjährigen Tochter aufhielt. Grundlage war ein von der Türkei ausgelöstes internationales Fahndungsersuchen wegen angeblicher PKK-Zugehörigkeit.
Der in Deutschland geborene Akçadağ hatte von 2004 bis 2008 bei einer belgischen TV-Produktionsfirma gearbeitet. Die beauftragte ihn im Jahr 2005, im Nordirak Interviews zu führen, unter anderem mit PKK-Kämpfern. Die Interviews wurden verkauft und liefen im kurdischen Fernsehen und beispielsweise bei Reuters, BBC und al-Dschasira.
Von PKK-Kämpfern beschuldigt
Zwei PKK-Kämpfer wurden 2009 festgenommen und behaupteten offenbar, Akçadağ habe für die PKK die Webseite gehostet und verschlüsselte Kommunikation hergestellt. Daraufhin leitete erst die Türkei ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK gegen ihn ein, dann auch Deutschland. In Deutschland wurde es aber sofort wieder eingestellt, weil schnell klar wurde, dass nichts gegen ihn vorlag.
„Wir haben in den vergangenen Wochen Material zusammengestellt, um darzulegen, dass es sich um fabrizierte Vorwürfe handelt, die politisch motiviert sind“, sagte Akçadağs Anwältin Antonia von der Behrens der taz. Zum einen waren das Unterlagen der belgischen TV-Firma, aus denen sein damaliger Auftrag klar hervorging. Zum anderen Ermittlungsakten der deutschen Staatsanwaltschaft. „Das hat das Gericht offenbar überzeugt.“
Akçadağ kann den Hausarrest ab sofort verlassen. „Der Verein, der mich hier aufgenommen hat, will aber noch ein Fest für mich ausrichten.“ Nach Deutschland zurückkehren will er am Donnerstag oder Freitag – per Direktflug. Sonst könnte er aufgrund der Interpol-Fahndung in einem anderen Land wieder Probleme bekommen. Das Fahndungsersuchen will er schnellstmöglich aufheben lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus