Deutschlands Afrikapolitik: Afrika jetzt als Partner
Die Bundesregierung hat neue „Afrikapolitische Leitlinien“. Sie sollen das Durcheinander beenden und den Kontinent als Partner anerkennen.
Für die Verabschiedung im Rahmen der Kabinettssitzung reist aus Paris extra der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian an.
„Die afrikanischen Staaten sind wichtige Akteure und Fürsprecher der multilateralen Ordnung zur Wahrung von internationalem Frieden und Sicherheit, Abrüstung und Rüstungskontrolle, weltwirtschaftlicher Vernetzung und Freihandel sowie Menschen- und Völkerrechtsnormen“, heißt es in dem zehnseitigen Papier, das der taz vorliegt.
„Die Afrikanische Union und die regionalen Organisationen, aber auch die afrikanischen Staaten selbst, tragen maßgeblich zu einer Stärkung der ‚global governance‘ und der regelbasierten Ordnung bei.“
Neu: „Partnerschaftliche Zusammenarbeit“
Mit solchen Sätzen wird Afrika eine andere Rolle als bisher in der deutschen Wahrnehmung der Welt zugewiesen – nicht mehr nur der Krisenkontinent mit von außen zu lösenden „Herausforderungen“, sondern ein weltpolitischer Akteur.
„Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas ist eine zentrale Aufgabe unserer Zeit“, heißt es gleich zu Beginn des Papiers – Worte, die in den bisherigen „Afrikapolitischen Leitlinien“ aus dem Jahr 2014 nicht zu finden sind.
Betont wird die Afrikanische Union als Partner und deren „Agenda 2063“ für Afrikas Entwicklung als etwas, woran sich Deutschland orientieren wolle.
Das Papier gilt als „Fortschreibung“ der bestehenden Leitlinien aus dem Jahr 2014. Seitdem sind viele unterschiedliche Neuansätze unterschiedlicher staatlicher deutscher Akteure dazugekommen: die „Migrationspartnerschaften“ mit einzelnen Regierungen zur Flüchtlingsabwehr; der „Compact mit Afrika“ im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft zur Mobilisierung von Investitionen; der „Marshallplan mit Afrika“ des Entwicklungsministeriums zur Förderung der Privatwirtschaft; ein verstärktes Engagement der Bundeswehr beispielsweise in Mali.
„Dass so viele Akteure in Afrika engagiert sind, ist eine Stärke der deutschen Afrikapolitik. Aber was zuletzt fehlte, war ein gemeinsamer konzeptioneller Schirm und eine klare Prioritätensetzung“, erklärte am Dienstag Bundesaußenminister Heiko Maas.
In deutlicher Abgrenzung zum vorherigen Durcheinander stellt das neue Papier klar: „Wir wollen einen umfassenden afrikapolitischen Ansatz verfolgen, der in sich kohärent, innerhalb der Bundesregierung koordiniert und in den europäischen und multilateralen Kontext eingebettet ist.“
Mehr interministerielle Kooperation
Dafür nahmen, so heißt es, Vertreter aller Bundesministerien an der über ein Jahr währenden Erarbeitung der Leitlinien teil, und es sind interministerielle Afrika-Runden auf Staatssekretärs- und Abteilungsleiterebene entstanden.
Auch der jüngst wegen Verteidigung des Kolonialismus in die Kritik geratene Afrikabeauftragte der Bundeskanzlerin, Günter Nooke, war demnach in seiner Funktion als Unterabteilungsleiter im Bundesentwicklungsministerium beteiligt.
Es gibt jenseits des neuen Fokus auf Migration einige inhaltliche Neuerungen. Unterstützung für eine gesamtafrikanische Freihandelszone tritt an die Stelle der bisherigen europäischen EPA-Freihandelsabkommen mit einzelnen afrikanischen Regionen, die jetzt nur noch „Etappen“ sind.
Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika findet erstmals Eingang in ein offizielles Dokument dieser Art.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe