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Deutschland zum Fall PuigdemontBundesregierung hält sich's offen

Offiziell unterstützt die Bundesregierung die spanische Haltung im Katalonienkonflikt. Dennoch ist unklar, ob es zur Auslieferung Puigdemonts kommt.

Ein Demonstrant vor der JVA Neumünster – hier wurde Carles Puigdemont hingebracht Foto: dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung hält offiziell an ihrer Unterstützung der spanischen Regierung im Katalonienkonflikt fest – lässt aber offen, ob sie Carles Puigdemont tatsächlich ausliefern wird. „Spanien ist ein demokratischer Rechtsstaat“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Der Katalonienkonflikt müsse innerhalb der spanischen Rechts- und Verfassungsordnung gelöst werden. „Aus diesem Grund haben wir in den vergangenen Monaten die klare Haltung der spanischen Regierung zur Gewährleistung dieser Ordnung unterstützt“, so Seibert weiter.

Justizministerin Katarina Barley hatte am Sonntag in der ARD allerdings erklärt, „die ersten Schritte“ seien „jetzt erst mal rein juristische“ und die gelte es „jetzt erst mal abzuwarten“. Eine Sprecherin Barleys weigerte sich am Montag in Berlin auch auf mehrmalige Nachfragen hin, zu erläutern, was denn nach den juristischen Entscheidungen über eine Auslieferung Puigdemonts geschehen könnte: „Diese Frage stellt sich jetzt nicht“, sagte sie.

Einen möglichen Ausweg könnte ein Asylantrag Puigdemonts bieten. Die Bundesregierung will zunächst die Frage klären, ob ein solcher Antrag über einem Verfahren nach dem Europäischen Haftbefehl stehen würde. Dann wäre eine Auslieferung bis zum Abschluss des Asylverfahrens unmöglich. Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas erwägt derzeit allerdings kein Asylgesuch für seinen Mandaten. Doch werde man zusammen mit Puigdemonts deutschen Anwälten „alles“ prüfen.

Opposition ist kritisch

Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont war am Sonntag in Schleswig-Holstein festgenommen worden, als er, aus Finnland kommend, die deutsch-dänische Grenze überquert hatte. Am Freitag hatte die spanische Justiz einen erneuten Europäischen Haftbefehl gegen ihn beantragt, nachdem sie einen ersten im Dezember zurückgezogen hatte.

Gegen Puigdemont wird nach dem katalanischen Unabhängigkeitsreferendum von Oktober wegen Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt. Er war im Herbst zunächst nach Brüssel geflohen. Eine deutsche Gerichtsentscheidung über eine Auslieferung wird erst für die Zeit nach den Osterfeiertagen erwartet.

Kritisch zeigte sich die Opposition im Bundestag: Es sei eine „Schande“, dass Puig­demont in Deutschland festgenommen worden sei, sagte Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linksfraktion. Seine Strafverfolgung sei „ganz offensichtlich politisch motiviert“. „Ich erwarte, dass Puigdemont umgehend freigelassen wird.“

Versperrter Weg in die Unabhängigkeit

Etwas zurückhaltender äußerte sich Franziska Brantner (Grüne): „Zuerst ist es jetzt eine rechtliche Frage. Aber es ist offensichtlich, dass es sich um einen innerstaatlichen politischen Konflikt handelt.“ Die Bundesregierung solle sich jetzt „für eine Vermittlung der EU-Kommission einsetzen“.

Die harte Haltung der konservativen spanischen Regierung stützt der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok: „Ich würde den Katalanen raten, ihr Streben nach Unabhängigkeit aufzugeben, denn es ist völlig aussichtslos“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Puigdemont habe eindeutig gegen „spanisches Recht“ verstoßen.

Das spanische Recht sieht die einseitige Abspaltung eines Landesteils nicht vor. Die Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy weigert sich – anders als Großbritannien im Falle Schottlands –, eine Volksabstimmung zuzulassen. Katalonien ist damit der rechtliche und politische Weg in die Unabhängigkeit versperrt.

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19 Kommentare

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  • Zitat Andrej Hunko: „Es sei eine „Schande“, dass Puigdemont in Deutschland festgenommen worden sei … Seine Strafverfolgung sei „ganz offensichtlich politisch motiviert“. „Ich erwarte, dass Puigdemont umgehend freigelassen wird.“

     

    Herr Hunko liegt falsch. Unabhängig von der „Motivation“ für den Haftbefehl und unabhängig von der Schuld/Unschuld des Verhafteten war der Europäischen Haftbefehl zu vollstrecken. Ob er tatsächlich ausgeliefert wird oder nicht, hängt davon ab, ob das, was ihm vorgeworfen wird, auch in der BRD strafbar wäre.

     

    Zitat Franziska Brantner: „Die Bundesregierung solle sich jetzt „für eine Vermittlung der EU-Kommission einsetzen““

     

    Welch ein gedankenloser Gedanke von Frau Brantner! Eine Vermittlung hat doch nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Vermittler von den beiden Kontrahenten hierzu aufgefordert wird und ihnen nicht „von oben“ (=Bundesregierung, EU-Kommission) aufgedrückt wird. Zumal Frau Brantner einen Satz vorher erwähnt, „dass es sich um einen innerstaatlichen politischen Konflikt handelt“!

     

    Davon unabhängig verwundert es, dass Puigdemont, dem der Haftbefehl bekannt gewesen sein dürfte, trotzdem unbesorgt quer durch Europa fuhr. Glaubte er wirklich schon, er stehe über jedem Gesetz und sei unangreifbar?

  • Wer in Spanien, außerhalb Kataloniens, seine Sympathie für die Separatisten bekundet, z.B. mit einem kleinen Anstecker, der riskiert seine körperliche Unversehrtheit.

    So läuft das hier.

    Von wegen Demokratie.

    Aber wie immer stellt sich Deutschland hinter die Falschen.

    (Wie auch im Fall des vergifteten russischen Doppelagenten).

  • Kann man Schottland und Katalonien, bzw. Großbritannien und Spanien, tatsächlich gleichsetzen?

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Nein, in Grossbritannien herrschen demokratische Traditionen vor, die in Spanien gänzlich unbekannt sind.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Mal abgesehen von Katalonien.

  • Die deutsche Regierung verhält sich "diplomatisch", wie man das v on Merkel gewohnt ist: andersweitige Probleme lässt man aussitzen, dennnzu Hause gibt es deren genug,

     

    Woher wissen denn Seibert, Merkel und Spahn, dass der spanische Staat ein Rechtsstaat ist, insbesonders wenn es um politische "Vergehen" geht. Reicht da etwa ein Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Madrid? Mitnichten!. Ich kann es nicht oft genug wiederholen, Eine Minderheitsregierung des PP mit Mitgliedern dieser extrem rechtslastigen Partei in allen Gerichten, garantiert keine objeektiven, gerechten Urteile. Seibert, Merkel & co, sollten ihr ach so christliches Geweissen beanspruchen und sich fragen, ob sie einen vom katalanischen Volk gewählten Präsidenten an eine bis ins Knochenmark korrupte Regierung übergibt. Rajoy liess erst kürlich per Sonderdekret ein Gesetz ändern demnach (wie in den USA) üblich, eine vom Richter verhängte Strafe ohne Verkürzung oder Begnadigung ausgesessen muss. Im Falle von Puigdemont und seiner Mitstreiter wären das bis zu 36 Jahren. Puigdemont ist 55. Das käme lebenslänglich gleich. Können die deutschen Politiker und Richter es verantworten, dass ein unbescholtener katalanischer Patriot, wegen der Durchführung einer Volksbefragung im Gefängnis stirbt? Eine gute Frage für die christlichen Politiker und Richter

  • Die Kooperation der beiden Staaten im Kampf gegen Katalanische Demokraten hat Tradition: Schon im August 1940 verhaftete die deutsche Gestapo den Präsidenten Kataloniens, Lluís Companys, im besetzten Frankreich und lieferte ihn an die spanische Obrigkeit aus. Companys wurde dann in Madrid gefoltert und nach einem Schnellverfahren in Barcelona am 15. Oktober 1940 erschossen.

  • "....lässt aber offen, ob sie Carles Puigdemont tatsächlich ausliefern wird."

     

    Wie, die Bundesregierung entscheidet das? Meines Wissens geschieht das nach Absprache der von den Regierungen unabhängigen beiden Justizen; Jedenfalls offiziell.

    Hat sich der Seibert verplappert?

    • @lions:

      Das hat Herr Seibert ja gerade so nicht gesagt. Das Zitat fängt ja erst nach dem Satz an. (Wer lesen kann ist klar im Vorteil)

       

      Herr Reeh hat das bisheige Verhalten der Regierung auch falsch ausgelegt. Nach den bisherigen Äußerungen der Regierungsmitglieder müsste es heißen "Die Bundesregierung hält sich bisher raus."

      • @DiMa:

        Okay, muss zur Nachhilfe, doch zumindest hat es den Anschein, die BR hätte da Mitsprache.

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @lions:

      der von den Regierungen unabhängigen beiden Justizen... insbesondere in Spanien ist ja die Justiz francofortemäßig geprägt, fragt sich nur, weshalb die Finnen und Dänen im Gegensatz zu den dämlichen Deutschen so klug waren, dies zu erkennen und sich rauszuhalten.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @96177 (Profil gelöscht):

        Der letzte katalanische Präsident der von Deutschland ausgeliefert wurde hiess Lluis Companys. Da gibt es Traditionen, die die Regime überdauern.

      • @96177 (Profil gelöscht):

        Ja wer der Esel sein will, soll den Karren ziehen.

      • 9G
        96177 (Profil gelöscht)
        @96177 (Profil gelöscht):

        dämlich ist vielleicht falsch... könnte ja auch Absicht sein, sich so richtig zu verorten in Europa. Die Eskalation an der Ostfront machts ja gerade vor.

        • @96177 (Profil gelöscht):

          Ja natürlich, EU- Führungsanspruch und so, doch richtig schlau wäre das auch nicht.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Naja zumindestens klingt an, dass die Bundesregierung das letzte Wort hat ganz gleich, was die Richter beschliessen.

      Der letzte unabhängige Präsident Kataloniens, der von Deutschland nach Spanien ausgeliefert wurde, hiess Lluis Companys und das wurde auch nach damaligen Recht gemacht. Deutschland sollte mal mehr Feingefühl den europäischen Völkern zeigen, vor allem jetzt dem Katalanischen. Böse Erinnerungen könnten da aufsteigen.

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Oh Mann/Frau, ein raunen und meinen weht durch die kommentare. Immer alles irgendwie gewusst oder vermutet. Große linien werden gezogen. Die schleswig-holsteinische autobahnpolizei in direkter erbfolge der gestapo. Man möchte brechen

        • @relation:

          Also die Erbfolge ist nunmal tatsächlich gegeben:

          Die Landespolizei Schleswig-Holstein wurde 1936 (!) gegründet als Teil der des Landes Preußen. Sie unterstand direkt dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler.

          Gegen Ende des III.Reiches flohen viele Nazis nach Schleswig-Holstein, weil die dortige Polizei sie mit gefälschten Pässen versorgte.

        • @relation:

          Danke!