Deutschland zu braun: Kein Bock auf Farbe
Deutschland mag braun: Acht Prozent teilen ein rechtsextremes Weltbild. Dass Aktivist*innen das Brandenburger Tor färbten, kam schlecht an.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: 1975 begannen die gehässigen Opas Waldorf und Statler bei der „Muppet Show“.
Und was wird besser in dieser?
2023 vertragen sich Schröder und Lafontaine.
Deutschland und Italien seien bei der Aufnahme von Geflüchteten an der „Belastungsgrenze“, sagt Bundespräsident Steinmeier. Wo liegt die Belastungsgrenze der Geflüchteten?
Bei drei Tagen ohne Wasser. Die tunesische Armee entführt Flüchtlinge in der Hafenstadt Sfax und setzt sie in der Wüste gen Libyen zum Verdursten aus. So viele, dass das UNHCR protestiert. Zugleich haben EU und Tunesien ein „Migrationsabkommen“ geschlossen, nach türkischem Vorbild. Tunesien scheint den gut bezahlten Zöllner-Job eher rustikal umzusetzen. Zuletzt kam dann noch gutes Schlauchbootwetter auf der Strecke Sfax-Lampedusa (187 Kilometer) hinzu. Kurz: Das aktuelle Desaster auf Lampedusa ist ungefähr das Gegenteil des allseits beschworenen „Kontrollverlustes“. Nämlich eine planmäßig herbeigestümperte Tunnelsituation: Wer jetzt nicht flieht, flieht nie mehr. Nun fordern Grüne mehr Abschiebungen und der Bundespräsident fällt der Zivilgesellschaft in den Rücken. Es ist Politik by paranoia.
Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung teilen acht Prozent der Menschen in Deutschland ein rechtsextremes Weltbild. In den Vorjahren seien dies zwei bis drei Prozent gewesen. Wie kommt das zustande?
Globalisierung, Klimawandel, Corona, Ukrainekrieg. Je größer die Bedrohungen, desto inniger die Sehnsucht nach Abgrenzung. Dann soll es der hermetische Nationalstaat richten und darin am besten ein weiser Oberbestimmer. Die Demokratie hat bestenfalls eine Lokalrunde halbleerer Gläser zu bieten; je ängstlicher die Kundschaft, desto gieriger schießen die Fantasien gen Schlaraffenland. Dabei ist das so rechts wie links, sondern vor allem: eine „autoritäre Versuchung“. Das Gegengift heißt „politischer Kompromiss“, und nun gehen wir alles raus auf die Marktplätze und predigen den. Wird nicht leicht.
Die Letzte Generation hat das Brandenburger Tor mit Farbe besprüht, im Eifelörtchen Nusbaum richtete ein Tornado Schäden in Millionenhöhe an. Was empört Sie mehr?
Wenn Tornados und Klimaaktivisten ungefähr gleich beliebt sind, ist ja nix gewonnen.
Seit einigen Wochen nimmt die Zahl der Corona-Infektionen zu. Der neue Impfstoff soll kein Booster für alle sein, sondern einer für Risikogruppen. Ist das angemessen?
Hier schreibt ein frisch Genesender und in der Abwägung des gehabten milden Verlaufs und der Impfnebenwirkungen damals bin ich nun durchaus unentschlossen. Aber ja eh erst mal immun.
In der chinesischen Verfassung wird von einer „demokratischen Diktatur des Volkes“ gesprochen. Dann darf Baerbock doch wohl Xi Jinping als Diktator dieser demokratischen Diktatur bezeichnen, oder?
Baerböcke gibt es in der Geschmacksrichtung „unkonzentriert“ – der „Frühstücksspeck der Freiheit“ in Südafrika oder „Putin muss seine Haltung um 360 Grad ändern“ bei der EU. Stressiger Job, Flugreisen, wenig Schlaf, neu im Amt. Okay. Dann die Kategorie „Hardcore-Patzer“, etwa die „Sanktionen, die Russland ruinieren“ sollen oder gleich „wir sind im Krieg mit Russland“, beides wieder bei EU-Gremien. Die dritte Kategorie – weder Versprecher noch versehentlich ehrlich – kann bei der aktuellen Schmähung gegen China angenommen werden: Köpper in den Fettnapf. China ist nach unseren Kriterien eine Diktatur, klar; so wie Katar, wo Kumpel Habeck den Kotau machte; oder Saudi-Arabien, das Baerbock mit Waffen beliefert sehen möchte, „weil Lisa sonst nicht genug Geld für die Kindergrundsicherung hat“. Deutschland ist 150 Jahre alt und hat in dieser kurzen Spanne zwei Weltkriege und den größten Völkermord der Menschheitsgeschichte hinbekommen. China ist 3.000 Jahre alt und sicher sehr gespannt, was es hier an weisen Lehren mitnehmen kann. Eine Politikerin, die mal patzt, mal sich verplaudert und mal für die Galerie daheim spricht, ist ein interessanter Versuch im Außenamt.
Die CDU verwechselt in einem Werbevideo den Reichstag mit dem georgischen Präsidentenpalast. Was verwechselt die Union als Nächstes?
Das neue Logo ist schwarz auf weiß, mit Schwarz-Rot-Gold und flächig Türkis dahinter. Hinzu der Georgien-Spaß und eine plagiierte Kurve aus dem AfD-Logo. Die Agentur „Guru“ muss vorher gelost haben, welcher Loser dem Adenauerhaus den Farbdurchfall präsentieren muss. Die Union hat immer vor der Cannabis-Freigabe gewarnt.
Und was machen die Borussen?
„Hier bleiben alle bis zum Abpfiff“, kommentierte der Radioreporter aus dem Westfalenstadion. Härter ist Bayern nie geschmäht worden.
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