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Deutscher Wettstreit um Ski-WMKonkurrent im Osten

Oberstdorf will die Nordische Ski-WM 2033 ausrichten. Nun buhlt mit Klingenthal/Oberwiesenthal überraschenderweise noch ein zweiter deutscher Bewerber.

Für den Bewerbungskatalog: Siegerinnenpodest bei der U20-WM im Jahr 2020 in Oberwiesenthal/Klingenthal Foto: opokupix/imago

Eines der größten Spektakel in der Geschichte des nordischen Skisports endete mit einem Manipulationsskandal um die Skispringer von Gastgeber Norwegen. In Erinnerung bleibt aber auch, dass insgesamt 500.000 Zuschauer in Trondheim einzigartige Begeisterung entfachten. Die Latte für künftige Ausrichter liegt in Sachen Fans fast unerreichbar hoch, dennoch sollen die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2033 in Deutschland stattfinden. Es gibt gleich zwei Anwärter: Der dreimalige WM-Ausrichter und „Platzhirsch“ Oberstdorf wird vom sächsischen Ost-Duo Klingenthal/Oberwiesenthal herausgefordert.

„Alles, was durch die Luft fliegt, soll in Klingenthal stattfinden. Alles, was durch den Wald rennt, in Oberwiesenthal“, sagt Alexander Ziron. Der Mann ist Geschäftsführer des Skivereins VSC Klingenthal und der Vogtland-Arena, wo regelmäßig Weltcups und Sommer-Grand-Prix im Skispringen und der Nordischen Kombination stattfinden. Großereignisse auf Weltniveau können sie also in Klingenthal im Vogtland. 2020 hat der Ort mit Oberwiesenthal schon eine Junioren-WM erfolgreich ausgerichtet. Die Erzgebirgsgemeinde ist als Heimat der Skisprung-Legende Jens Weißflog bekannt und liegt am Fuß des Fichtelbergs, des höchsten Bergs der Ex-DDR.

Beide Orte liegen direkt an der tschechischen Grenze, es könnten also auch länderübergreifende Wettkämpfe bei der WM 2033 über die Bühne gehen. Allerdings wären auf dem Weg dahin große Probleme zu bewältigen. Genügend Hotelbetten für das Mega-Event stünden nur zur Verfügung, wenn man die Umgebung bis Chemnitz großräumig hinzunimmt. Auch in WM-taugliche Wettkampfstätten inklusive Beschneiung müssten Millionen fließen. Zudem liegen beide Orte etwa eine Autostunde voneinander entfernt.

„Neben den Wettkampfstätten müsste auch in touristische und Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Darin sehe ich den Ansatz für eine Bewerbung, mit der WM etwas Zukunftsorientiertes zu schaffen“, sagt Ziron. In Zeiten knapper Gelder und des Klimawandels klingt das Vorhaben dennoch recht unrealistisch. Für die beiden Orte spricht höchstens der „Ost-Bonus“. Der Skisport in den neuen Bundesländern ist mit Ausnahme von Oberhof in Thüringen fast komplett weggebrochen. Selbst Topathletinnen aus Sachsen wie die Trondheimer WM-Medaillengewinnerinnen Selina Freitag (Skispringen) und Katharina Hennig (Skilanglauf) trainieren inzwischen in Oberstdorf.

Alleinstellungsmerkmal in Gefahr

Über die Hälfte der deutschen WM-Mannschaft von Trondheim ist dort im deutschen Nordisch-Zentrum beheimatet. Die für den Vierschanzentournee-Auftakt bekannte Allgäu-Gemeinde hat 1987, 2005 und zuletzt 2021 sehr erfolgreich Nordische Ski-Weltmeisterschaften ausgerichtet. Beim Event vor vier Jahren durften wegen Corona keine Zuschauer dabei sein, deshalb hofft der Ort bei der WM-Vergabe auf einen Bonus des Internationalen Skiverbandes FIS. Erstmal muss sich das „Holmenkollen der Alpen“ jedoch intern gegen Klingenthal/Oberwiesenthal durchsetzen.

Aufgeschreckt vom überraschenden Konkurrenten hat sich der Marktgemeinderat Oberstdorf schon am 17. Dezember 2024 klar für eine Bewerbung für die Nordische Ski-WM 2033 positioniert. „Das Alleinstellungsmerkmal Oberstdorfs als deutscher Austragungsort von Welttitelkämpfen in den nordischen Disziplinen ist in Gefahr. Würde ein zweites nordisches Zentrum mit internationalen Wettkampfstätten etabliert, hätte das gravierende, negative Folgen für unseren Ort“, erklärt Bürgermeister Klaus King.

Für Oberstdorf spricht neben der Erfahrung, dass die Wettkampfstätten durch Investitionen von 42,4 Millionen Euro vor der WM 2021 auf Topniveau sind. Zudem liegen sie fußläufig auseinander. Es spricht also vieles für Oberstdorf im deutschen WM-Duell, dennoch will der Deutsche Skiverband (DSV) ein faires Verfahren. Bis zum Frühjahr wird ein Kriterienkatalog mit Themen wie Wettkampfstätten, Unterkünften, Transportwegen und Nachhaltigkeit erstellt. Dann haben die beiden Konkurrenten sechs Monate Zeit für die Erfüllung aller Vorgaben, im Herbst gibt eine Evaluierungskommission eine Empfehlung für die finale Entscheidung des DSV-Präsidiums.

Die offizielle deutsche Bewerbung für die WM 2033 muss bis zum 1. Mai 2027 beim Welt-Skiverband eingehen. Die nächsten Weltmeisterschaften gehen 2027 in Falun/Schweden und 2029 in Lahti/Finnland jeweils in Skandinavien über die Bühne.

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1 Kommentar

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  • Faszinierend ist, wie die Wetterkapriolen ignoriert werden. Immer weiter skiern, egal wie. Eigentlich könnte man diese Veranstaltung nun einstellen, schöner Abschluss mit Trondheim.