Deutscher Teamerfolg beim Giro d'Italia: Ein wahrer Traum

Der Australier Jai Hindley legte einen historischen Giro-Sieg hin. Damit steigt das deutsche Bora-Team endgültig in die Radsportelite auf.

Radprofi Jai Hindley mit Rad auf dem Siegerpodest in Verona

Rosige Aussichten: Jai Hindley trägt in der Arena von Verona das Siegershirt Foto: Fabio Ferrari/LaPresse/ap

Mehr als eine Dekade arbeitete der Rennstall daran. Als 2010 der bis dato unbekannte Ex-Radfahrer Ralph Denk das Continental-Team NetApp aufmachte und bekanntgab, in die Weltelite vordringen zu wollen, erntete er meist mitleidiges Schmunzeln. Deutsche Sponsoren waren nach den Dopingaffären um Telekom und Gerolsteiner für den Radsport kaum noch zu gewinnen. Ein großer Rennstall schien nicht finanzierbar. Denk hielt aber durch, baute sein Team nach und nach auf. Er hielt auch bewährten Kräften die Treue. Cesare Benedetti, bereits 2010 im Kader, war in diesem Jahr beseelt lächelnder Road Captain beim so erfolgreichen Giro-Unternehmen.

Benedetti hat alle Phasen mitgemacht. Den ersten Giro-Start 2012, damals mit einer Wildcard und einem geliehenen Camper, der putzig klein aussah neben den Luxusgefährten der anderen Teams. NetApp spielte damals in der Gesamtwertung keine Rolle. Mehr als zwei Stunden mehr als der damalige Gesamtsieger Ryder Hesjedal brauchte der beste NetApp-Profi, der Tscheche Jan Barta. Bartas Landsmann Leopold König sorgte in den Jahren darauf für Top-10-Resulte im Gesamtklassement von Tour, Giro und Vuelta. Hier auch einmal zu gewinnen, war schon damals der Traum von Denk.

Den nächsten Entwicklungsschritt vollzog der Rennstall 2017. Erstmals war der Dunstabzugshaubenbauer Bora Titelsponsor, und Peter Sagan wurde verpflichtet. Der Slowake war der Strahlemann des Radsports, Dauerweltmeister, Abonnent auf das Grüne Trikot bei der Tour de France und Klassikerjäger. Mit ihm reifte das Team, andere Siegfahrer kamen, die sportlichen Leiter gewannen an Erfahrung und Selbstvertrauen.

Angreifen bei den großen Rundfahrten

In diesem Winter wurde der einstige Katalysator Sagan abserviert und das frei werdende Budget in eine ganze Garde jüngerer Rundfahrttalente investiert, darunter der aktuelle Giro-Sieger Hindley. „Das Team ist jetzt ganz anders aufgestellt, viele Bergfahrer und Klassementfahrer. So können wir bei den großen Rundfahrten angreifen“, sagt Urgestein Benedetti. Dem Italiener macht das Spaß. „Aber auch die Arbeit für die Sprinter hat mir Spaß gemacht“, schob er hinterher.

Mit den Neuzugängen wuchs nicht nur die individuelle Qualität. Auch als Mannschaft machte Bora einen Sprung. Auf der 14. Etappe des Giro fuhren fünf Bora-Profis das Peloton auseinander und brachten Kapitän Hindley auf Gesamtrang 2. „Das war eine wilde Etappe. Sie hat dem ganzen Team Selbstvertrauen gegeben. Wir haben gesehen, dass wir andere Mannschaften mit unseren Aktionen in Bedrängnis bringen können“, sagt der sportliche Leiter Jens Zemke.

Eine Kollektivaktion brachte auf der Königsetappe durch die Dolomiten am Samstag den Sprung von Hindley ganz nach vorn. Nicht nur mit diesem Sieg hat Bora Maßstäbe gesetzt, sondern auch mit der offensiven und ausgeklügelten kollektiven Fahrweise. Der Rennstall zählt endgültig zu den Großen bei den Grand Tours.

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