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Deutscher StädtetagKlare Perspektiven gefordert

Kommunen fordern parteiübergreifend finanzielle Unterstützung und die Umsetzung wichtiger Gesetzesvorhaben noch vor der Neuwahl.

Soll doch endlich mal kommen: Digitalpakt 2.0 Foto: Marcus Brandt/dpa

Frankfurt am Main taz | Nach dem Aus der Ampel richtet der Deutsche Städtetag einen deutlichen Appell an die Bundespolitik: Die finanzielle Ausstattung der Kommunen müsse verbessert und zentrale Vorhaben der Bundesregierung noch umgesetzt werden. „Besonders im Hinblick auf vorläufige Haushaltsführung und die Umsetzung aus kommunaler Sicht wichtiger Gesetzesvorhaben“ seien die Städte besorgt, betonte der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) aus Münster nach der Sitzung von Präsidium und Hauptausschuss des Deutschen Städtetages im Frankfurter Römer.

Unter den offenen Vorhaben hob Lewe die Reform des Baugesetzbuches, die Verlängerung der Mietpreisbremse, die Fortsetzung der Gespräche zum Digitalpakt 2.0 für Schulen sowie die Weiterführung der Förderprogramme für die Wärmewende hervor.

Wenn die Verlängerung der Mietpreisbremse und die Reform des Baugesetzbuches scheiterten, „wäre das ein schlechtes Signal an alle Menschen in unseren Städten, die dringend mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen“. Auch für Schulen, Schülerinnen und Schüler habe es Konsequenzen, „wenn nach der Bundestagswahl mit den Verhandlungen zum Digitalpakt 2.0 von vorne“ begonnen würde.

„Dies sind wichtige Entscheidungen, die aus unserer Sicht nicht bis nach der Wahl verschoben werden sollen“, betonte Lewe. Dass solche Umsetzungen möglich sind, habe man beim Deutschlandticket gesehen, dessen Finanzierung trotz vorgezogener Neuwahl bis 2025 gesichert werden konnte: „Einen ähnlichen Pragmatismus brauchen wir jetzt auch bei weiteren Gesetzen.“

Mehr Aufgaben, weniger Mittel

Außerdem bereite die wirtschaftliche Lage selbst den finanziell stärkeren Städten Sorgen. „Wir kriegen mehr Aufgaben, weniger Mittel dafür“, so Lewe, der eine stärkere Einbindung der Städte in die Prozesse, neue Kooperationen zwischen Bund, Ländern und Kommunen forderte. Auch sei die Expertise vor Ort ernster zu nehmen: „Die Dresdner Brücke darf sich nicht wiederholen“, so der Oberbürgermeister der Stadt Münster.

Auch Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) betonte die Dringlichkeit gemeinsamer Lösungen über Parteigrenzen hinweg. „Wenn es jetzt so weitergeht mit Pflichtaufgaben, die nicht gegenfinanziert sind, haben wir irgendwann keinen Spielraum mehr für freiwillige Aufgaben“, sagte Josef. Wichtig sei, dass das, was bestellt werde, auch von Bund und Ländern bezahlt werde. Die Städte seien sich einig, dass sie an einem Punkt angelangt seien, „wo Entlastungen von Bund und Ländern nicht auf Kosten der Belastung der Kommunen umgesetzt und durchgesetzt werden“.

Zudem appelliert der Deutsche Städtetag nach der Sitzung am Donnerstag für die weitere Digitalisierung der Gesundheitsämter für erfolgreiche Prävention, Infektionsschutz und Gefahrenabwehr. Sollte der während der Coronapandemie vom Bund eingeführte „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ im Jahr 2026 ersatzlos enden, stünden qualifiziertes Personal und Digitalisierungsprozesse auf dem Spiel.

„Wir warnen davor, dass begonnene Digitalisierungsprozesse nicht weitergeführt werden können, wenn die Bundesmittel 2026 auslaufen“, sagte die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Bonns Bürgermeisterin Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen). „Wir dürfen nicht auf halbem Weg steckenbleiben, weil die Perspektive fehlt.“ Schon jetzt suchten IT-Expertinnen und -Experten aufgrund der unklaren Finanzierungssituation nach anderen beruflichen Perspektiven.

Im Deutschen Städtetag haben sich rund 3400 Städte und Gemeinden mit fast 53 Millionen Einwohnern zusammengeschlossen. Auf der Hauptausschusssitzung am Donnerstag in Frankfurt am Main wurde der langjährige Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) zum neuen Hauptgeschäftsführer gewählt.

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