piwik no script img

Deutscher Menschenrechtler in der TürkeiIhm drohen 15 Jahre Gefängnis

Die Türkei erhebt Anklage gegen Peter Steudtner. Die Haft-Entlassung des Menschenrechtlers hätte die Beziehung zu Deutschland verbessern können.

Seit Monaten in Haft: Peter Steudtner Foto: dpa

Athen taz | Nur einen Tag, nachdem der türkische Außenminister im Spiegel eine Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen angemahnt hatte, wurde am Sonntag die Anklage gegen den in der Türkei inhaftierten deutschen Menschenrechtsexperten Peter Steudtner bekannt: Der Mitarbeiter von Amnesty soll bis zu 15 Jahre ins Gefängnis.

Steudtner, der Schwede Ali Ghavri und neun weitere türkische Menschenrechtlerinnen – darunter die Geschäftsfühererin des türkischen Zweigs von Amnesty International Idil Eser – waren am 5. Juli auf Büyükada, einer Insel im Marmarameer vor Istanbul festgenommen worden. Sie hatten dort an einem Seminar teilgenommen, bei dem die ausländischen Referenten Steudtner und Ghavri den türkischen Teilnehmern Erkenntnisse über Datensicherheit vermitteln sollten.

Von den elf Teilnehmern des Seminars wurden acht in U-Haft genommen, darunter Steudtner und Ghavri. Obwohl Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu im Gespräch mit dem Spiegel angedeutet hatte, es könne eventuell Bewegung in den Fall Peter Steudtner kommen, sind die Strafanträge der Staatsanwaltschaft nun eine weitere schwere Belastung zwischen beiden Ländern. Alle TeilnehmerInnen sollen sich der Unterstützung einer Terrororganisation schuldig gemacht haben. Ein Anwalt von Peter Steudtner hat gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) bestätigt, dass die Anklage bei ihm eingegangen sei. Wie hoch das Strafmaß gegen Steudtner sein soll, sei aus der Akte nicht ersichtlich.

Diese Anklage ist umso erschreckender, als die türkische Regierung und ihr nahestehende Medien angedeutet hatten, dass die Vorwürfe wohl nicht substantiiert seien. Eine Entlassung Steudtners aus der U-Haft hätte ein Einstieg in eine Verbesserung bilateralen Beziehungen sein können. Bundesaußenminister Siegmar Gabriel hatte bei der Begründung eines schärferen Vorgehens gegen die Türkei vor allem den Fall Steudtner angeführt.

Peter Steudtner ist einer von mehreren Deutschen, die wegen politischer Gründe in der Türkei im Gefängnis sitzen. Deniz Yücel, Korrespondent der Welt und seit Februar in Haft, weiß immer noch nicht, was ihm vorgeworfen wird. Bis jetzt liegt keine Anklage vor. Meşale Tolu, eine Journalistin türkischer Herkunft mit deutscher Staatsangehörigkeit die ebenfalls seit Monaten in U-Haft sitzt, muss am kommenden Mittwoch vor Gericht. Sie wird wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Sie hatten dort an einem Seminar teilgenommen, bei dem [...] Erkenntnisse über Datensicherheit vermitteln sollten."

     

    Dlf berichtet, in dem Seminar sei es um "gewaltlosen Widerstand" gegangen. Gelegentlich hört man auch, im Seminar seien Yoga und andere Entspannungstechniken geschult worden.

    Nun, man kann nicht sagen, dies sei nicht die Wahrheit aber wie so häufig ist es nur ein Teil davon und zwar der am wenigsten relevante.

    Steudner und Ghavri haben in Istanbul eine Schulung zur Datensicherheit von Mobiltelefonen und zur Benutzung von Verschlüsselungssoftware durchgeführt.

    Das ist in D wie in den meisten europäischen Ländern vollkommen legal und keineswegs eine Entschuldigung für das Wegsperren von Menschenrechtlern. Es stellt sich also die Frage, warum die Mehrzahl der deutschen Medien nicht darüber berichtet. (http://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-in-haft-wegen-einer-fortbildung-1.3595373)

  • Dafür dürfen Gangs wie die "Osmanen Germanina" in Deutschland machen was sie wollen... http://www.taz.de/!5422774/ http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tuerkisches-netzwerk-kriminelle-rocker-tauchen-in-der-tuerkei-unter.a56578f1-539f-4d53-8220-8e1f58a02147.html

     

    Vieleicht sollten da das BKA und die LKAs mal ein paar verhaften ?

    Bei den Zuständen in den deutschen Knästen lässt es sich sicher nicht vermeiden das ein paar Osmanen früher oder später kurdische Zellengenossen bekommen...

    Ich bin mir sicher das die Türkei dann nichts dagegen hat wenn Türkische Staatsbürger dann in der Türkei und Deutsche Staatsbürger ihre Haft absitzen...