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Deutscher LehrerpreisEin lauwarmes Dankeschön

Die Vodafone-Stiftung und der Philologenverband loben den peinlichsten Schulpreis aus. Die Preisträger erfreuen sich über ein Schreibset und einen Händedruck des Bundespräsidenten.

Der Deutsche Lehrerpreis war bisher auch unter den Namen Pisagoras bekannt: Der Preis und der Name ist eine nette Konstruktion, mehr nicht. Bild: dpa

Das Wording, wie es in der Sprache der Werber heißt, könnte kaum bombastischer sein. "Das Schicksal einer Gesellschaft wird dadurch bestimmt, wie sie ihre Lehrer achtet!", zitieren die Stifter des Lehrerpreises den Philosophen Karl Jaspers. "Mit innovativen Ideen und großem Engagement", heißt es sodann im PR-Text über die LehrerInnen, "arbeiten sie schon heute an der Schule der Zukunft." Am Montag vergaben der Bundespräsident und die Vodafone-Stiftung den peinlichsten Schulpreis.

Der Deutsche Lehrerpreis hatte bis vor kurzem den Namen Pisagoras, die hübsche Wortneuschöpfung war eine Kreuzung aus Pisa und Pythagoras. Nun wurde er in "Deutscher Lehrerpreis - Unterricht innovativ" umbenannt. Insgesamt 27 von 800.000 deutschen Lehrern bekamen einen solchen Preis. "Wir wollen den Lehrern ein Dankeschön für ihren guten Job sagen", lobte der Sprecher der Vodafone-Stiftung, Danyal Alaybeyoglu.

Der Preis wird in zwei Kategorien vergeben. Zum einen gibt es eine Auszeichnung für innovativen Unterricht - auf Bewerbung der Lehrer selbst. Zum anderen konnten Schüler ihre besten Lehrer vorschlagen. 21 Pädagogen aus allen Schulformen kamen dabei aufs Treppchen. Sie bekamen ein Schreibset, eine Trophäe - und den Händedruck des Bundespräsidenten.

Eine ausgezeichnete Lehrerin freute sich über "die richtig tolle Veranstaltung". Das zeigt, dass die Preisstifter das mit der Anerkennung besser hinbekommen haben als zuletzt. Bei früheren Preisen hatten sich Lehrer darüber empört, dass sie als Staffage für ein rauschendes Fest der Preisstifter samt Ehefrauen herhalten mussten. Damals bekamen die Preisträger neben dem Schreibset eine Berlin-Rundfahrt.

Diesmal war das anders. Für die 21 Lehrer, die aufgrund von Schülereinsendungen ausgewählt wurden, stehen 10.000 Euro für Unterrichtsprojekte zur Verfügung. Und für die zweite Kategorie, den innovativen Unterricht, stellte die Vodafone-Stiftung weitere 13.000 Euro bereit. Zum Vergleich: Beim Deutschen Schulpreis, dem großen und anerkannten Preis der Bosch- und der Heidehof-Stiftung, bekommt allein die Siegerschule 100.000 Euro - für Schulentwicklung.

Was die Preisverleiher genau unter innovativem Unterricht verstehen, ist nicht leicht zu ermitteln. Das ist auch kein Wunder. Denn hinter dem innovativen Part steht ausgerechnet der Philologenverband: Das ist jene Lobbygruppe der deutschen Studienräte, die üblicherweise den frontalen Lehrervortrag als innovativ bezeichnet. Immerhin, in der Ausschreibung heißt es nun, innovativer Unterricht gehe "in seinen Methoden über den ,fragend entwickelnden Unterricht' hinaus." Welche Methoden es jenseits dieses Frontbeladens gibt, verraten die Philologen nicht.

Der Sieger, eine Realschule, reüssierte damit, dass sie ihre Schüler aus Sperrmüll Musikinstrumente basteln ließen. Sie bekam 5.000 Euro von der Vodafone-Stiftung. Gesellschafter der Stiftung ist das Unternehmen Vodafone Deutschland, das im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro und einen Gewinn vor Steuern von 3,67 Milliarden Euro erzielte.

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14 Kommentare

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  • WS
    Werner Schneyder

    Ich finde es absolut richtig, dem Lehrerstand wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Leider hat Deutschland bei der großen OECD-Studie TALIS nicht mitgemacht. Immerhin hat ein Lehrerverband die gleiche Erhebung laufen lassen. Die Ergebnisse sprechen für sich.

     

    Kleine Anmerkungen:

    1. Schön wäre es gewesen, hätten alle Lehrerverbände beim Lehrerpreis mitgemacht.

    2. Ich weiß nicht, was die Schulstrukturdebatte hier an dieser Stelle soll. Und wenn das schon Erwähnung findet: Deutschland geht langsam auf eine integriertes System zu. Sparen wir deshalb Energien für andere Dinge.

    3. Schön wäre eine Vermeidung von Unsachlichkeiten in den Kommentaren wie "Einheitsschulmissionare". Diese Schulform ist international Standard.

     

    Ich wünsche allen einen guten Rutsch

  • MS
    Melanie Sonntag

    Einen solchen Unsinn, wie diesen "einzigartigen" Artikel habe ich nirgendwo zum Lehrerpreis gelesen. Alle anderen seriösen (!) Blätter berichteten durchweg positiv. Sollte man das unter dem Siegel "Nestbeschmutzer" abtun? Schon ein wenig Nachdenken hätte doch klar machen müssen, dass der Bundespräsident kaum zu einem "peinlichen" Preis sich gewinnen lassen würde.

     

    Dazu kommt die ungenügende Recherche: Die Preisträger erhielten keine Stifte; und das Preisgeld - zusammengenommen plus die Anreisekosten und Unterbringungskosten - erreichen eine viel höhere Investitionssumme.

     

    Ein solcher Redakteur würde in meiner Zeitung nicht weiter arbeiten. Er muss wohl sein Handwerk noch mal von Pike auf lernen!

  • MS
    Martin Schneider

    Ich frage mich, ob der Redakteur eine bewusste Verunglimpfung der Veranstalter, des Bundespräsidenten, der Preisträger und der vorschlagenden Schüler beabsichtigt. Ich gehöre zur letzteren Gruppe. Es gab keinen einzigen der Preisträger, der nicht schon vor seiner Auszeichnung durch ausgezeichnete Arbeit, beste Schülermeinungen u.s.w. aufgefallen wäre. Das haben die Gespräche unter den Schülern der verschiedenen Schulen ergeben. Mit einem solch miserablen Artikel, der so viele Falschmeldungen enthält, stärkt Herr Füller nur die Neider der Preisträger, denn die gibt es sicher haufenweise. Deutschland - die Neidrepublik!

  • UB
    Uwe Bimmler

    Tja, da hat sich der Herr Redakteur wohl etwas vergaloppiert.

    Hat er doch selbst recherchiert, dass SCHÜLER ihre besten Lehrer vorschlagen haben und dass 21 Pädagogen aus allen Schulformen dabei aufs Treppchen kamen, also auch welche vom Gymnasium.

    An JEDER Schulart gibt es gute, aber auch schlechte Lehrer. Ich sehe den Lehrerpreis als positive Beispielliste, wie guter Unterricht an jeder Schulart aussehen könnte.

    Und die Juroren werden ja wohl die Bewerbungen für innovativen Unterricht gesichtet, diskutiert und anschließend ausgewählt haben.

    Den von Herrn Füller kritisierten „frontalen Lehrervortrag“ gibt es übrigens genauso an Grund- wie an Gesamtschulen.

    Ich jedenfalls, hätte mir für meine Kinder immer guten Unterricht gewünscht, egal an welcher Schulart, und so mancher gute Lehrer würde sich bei manchem Kollegen auch einen anderen Unterricht wünschen, denn nicht nur Schüler leiden unter schlechtem Unterricht, andere Lehrer auch.

    Sollte der Maßstab für den Deutschen Lehrerpreis aber künftig eine oberflächliche Recherche wie bei diesem Artikel sein, dann sähe es in der Tat düster aus um den Lehrerpreis.

    Nun ja, am besten Artikel abhacken, Motto: jeder hat mal einen schlechten Tag.

  • C
    Carmen

    "Das ist jene Lobbygruppe der deutschen Studienräte, die üblicherweise den frontalen Lehrervortrag als innovativ bezeichnet."

     

    Bei allem Respekt vor der Meinung anderer: Ist das mehr als Stammtischniveau? Als ich die TAZ abonnierte habe, habe ich es sicher nicht mit dem Wunsch getan, pauschale Verunglimpfungen dieser Art zu lesen, wie sie sich sonst am ehesten noch Politiker leisten, die um ihre Wiederwahl bangen.

  • WK
    Wolfgang Kuert

    Anders als Herr Füller habe ich an der hervorragenden Veranstaltung Verleihung "Deutscher Lehrerpreis" teilgenommen. Dem Bundespräsidenten zu unterstellen, er unterstütze den peinlichsten Schulpreis, ist ein nicht akzeptabeler Fehlgriff des taz-Redakteurs und "Einheitsschulmissonars" Christian Füller.

  • CH
    Christine Herde-Hitziger

    Wenn Ihr wollt, lieb TAZ, schreibe ich gern selbst einen Bericht, vor allem über die Beteiligung der SchülerInnen! Die hatten nämlich sehr genaue Vorstellungen von den Kriterien, die sie ihrem Lehrerlob zugrunde gelegt haben. Mit einem aktuellen Bild, denn das von Herrn Füller war ja von 2007.

  • CH
    Christine Herde-Hitziger

    Der peinlichste aller Berichte

    da hat Herr Meidinger nun mal überwiegend recht, aber auch mit dem besten Bildungsjournalisten gehen wohl mal die Gäule durch. Als GEW-Mitglied und Teilnehmerin an der Veranstaltung sind mir alle Widersprüche durchaus bewusst, aber so kann man sie denn doch nicht glätten!

    Ich habe noch nie soviel Qualifiziertes und Wertschätzendes über den Lehrerberuf gehört und das wird auch deswegen nicht falsch, weil es aus dem "falschen" Mund kommt, Herr Füller! Umdenken, das ist doch auch stets eine Forderung der TAZ gewesen: die Wirklichkeit ist dialektischer, als wir es uns manchmal vorstellen können. Der "deutsche Schulpreis" ist doch deswegen nicht heiliger, weil die Robert-Bosch-Stiftung dahinter steht und ein paar Vertreter, die uns vielleicht sympathischer sind! Gemeinsam für die Unterstützung aller Pädagogen eintreten, wie und mit wem auch immer, denn sie können es dringend brauchen für ihre zum Teil sehr glanzlose Arbeit. Da tut sogar mal eine Trophäe gut, die fast ein kleiner Bambi ist! Und der Bundespräsident hat mit seinen würdigenden Worten das Seine hinzugetan, ebenso wie Steffen Seibert, der sich als Vater dankbar über die Arbeit der Lehrer seiner 3 Schul-Kinder geäußert und sehr auf den Punkt moderiert hat! Die Veranstaltung war wirklich toll!

  • HM
    Heinz-Peter Meidinger

    Lieber Herr Füller,

     

    ich kann Ihnen nicht nur ein Gymnasium nennen, sondern Hunderte mit fächerübergreifenden und teamorientierten Unterrichtsprojekten, wenn man sich allein die Einreichungslisten der letzten Jahre bei "Unterricht innovativ" ansieht. Dass es mehr sein könnten, keine Frage,- aber Ihre generelle Abqualifizierung der Schulart Gymnasium, die übrigens auch unter den bei PISA-E teilnehmenden Einzelschulen alle vorderen Plätze belegt (nicht die Helene-Lange-Schule oder das Laborkolleg), ist rational nicht mehr nachvollziehbar, allenfalls psychologisch.

    Nichts für ungut!

     

    Heinz-Peter Meidinger

  • C
    cif

    lieber herr meidinger,

    1. die zahlen stammen alle von ihremm kooperationspartner vodafone-stiftung. danach bekommen 21 lehrer ZUSAMMEN 10.000 euro. o-ton: "Wie das geld vertEIlt wird, wissen wir noch nicht." hätte ich das zitieren sollen?

    2. nennen sie mir ein gymnasium, das fächer- und jahrgangsübergreifenden unterricht macht. ich freue mich drauf!

    best christian füller

  • I
    Inge

    5000 € - und eine Menge kostenloser Werbung!

  • HM
    Heinz-Peter Meidinger

    Niemand bestreitet Herrn Füller das Recht, eine bestimmte Meinung zum Deutschen Lehrerpreis zu haben. Aber man sollte dann wenigstens richtig und umfassend recherchieren (und zur Perisverleihung, zu der man eingeladen war, auch hingehen).

     

    Deshalb in aller Kürze:

     

    1. Der Deutsche Lehrerpreis ist eine Zusammenführung der beiden bisherigen Lehrerwettbewerbe "Unterricht innovativ" (seit 2002) und "Pisagoras" (seit 2007)

    2. Die genannten Preissummen sind falsch, allein die 21 Einzellehrer erhielten 21 000 Euro! Außerdem stimmt auch der Vergleich mit dem Deutschen Schulpreis nicht, der Summen für ganze Schulen vergibt! Es ist übrigens interessant, dass für Herrn Füller die Höhe der Preissumme wichtiger ist als das eigentliche inhaltliche Anliegen, über das nicht berichtet wird.

    3. Über die Preiskriterien für die innovativen Unterrichtsprojekte hätte sich der Redakteur auf der entsprechenden Website des Lehrerpreises leicht informieren können (fächerübergreifende Projektarbeit im Team u.a.).

    4. Letztendlich hat der Kommentator über eine Veranstaltung geschrieben, auf der er nicht da war, was er aber nicht so wichtig fand, weil er zu den Trägern des Preises (BDI, Vodafone-Stiftung, DPhV) bereits eine feste negative Meinung hat.

     

    Es ist schade, dass Christian Füller für das Grundanliegen des Lehrerwettbewerbs, in unserer Gesellschaft dem Lehrerberuf mehr Wertschätzung zu verschaffen und für innovative Lehrmethoden zu werben, offenbar jegliches Verständnis fehlt.

     

    Wer verharrt hier im Lagerdenken?

     

    Heinz-Peter Meidinger, DPhV

  • L
    Leser

    Laut Unterüberschrift bekamen die Preisträger nur einen Händedruck. Irgendwo steht dann im Text, dass es "diesmals anders" war und 10 bzw. 13.000 Euro Preisgelder zu Verfügung standen. Was stimmt den nun?

  • L
    lounger

    Was ist denn das hier?

    Ein Artikel, ein Kommentar, ...??

     

    "Das ist jene Lobbygruppe der deutschen Studienräte, die üblicherweise den frontalen Lehrervortrag als innovativ bezeichnet."

    Nicht das ich was gegen den Inhalt hätte. Aber meine Meinung bilde ich mir doch lieber selber.

     

    Wirklich peinlich ist, dass in der Überschrift und im Text (Schreibset & Händedruck) unterschiedliche Sachverhalte dargestellt werden.

    Das geht besser.