Deutscher Atommüll: Keine Eile mit den Castoren
Was macht der deutsche Atommüll im Ausland? Gab es da nicht dringende Rückholverträge? Plötzlich haben die Energiekonzerne die Ruhe weg.
Aus einer der taz vorliegenden Antwort des Umweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl geht hervor, dass die Energieversorger bis zum Mai erst eine „Konzeption für die Antragstellung“ vorgestellt hatten. Am 20. Juni habe es dann im neuen Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit eine „Beratung“ zu den geplanten Anträgen gegeben. Immerhin, schreibt Umweltstaatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter in der Antwort, sei die Erstellung „weit fortgeschritten, sodass mit einer Antragstellung in Kürze gerechnet werden kann“.
Solange noch das Zwischenlager Gorleben angefahren wurde, konnte es der Atomwirtschaft mit den Castortransporten nicht schnell genug gehen. Um die Fuhren ins Wendland zügig abzuwickeln, verwiesen die Konzerne gern auf angeblich völkerrechtlich verbindliche Verträge, die zu einer umgehenden Rücknahme des hochradioaktiven Schrotts aus den ausländischen Wiederaufarbeitungsanlagen verpflichteten.
2013 hatten Bundesregierung und Bundestag einen Neustart bei der Endlagersuche verkündet. Um den bis dahin als einzigen Standort erkundeten Salzstock in Gorleben nicht weiter als künftiges Endlager festzuschreiben, wurden die Castortransporte dorthin ausgesetzt. Die noch aus Frankreich und Großbritannien zu holenden 26 Castoren sollten auf die Bundesländer verteilt werden, in denen Atomkraftwerke und Zwischenlager stehen. Das mit Atommüll stark belastete Niedersachsen blieb außen vor.
Bayern, bei der Atomkraftnutzung ganz vorne mit dabei, verweigerte sich zunächst jedem Kompromiss. Erst nachdem Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Sache an sich zog, gab der Freistaat seinen Widerstand auf. Die beschlossene Regelung sieht vor, dass sieben Castoren ins Zwischenlager am AKW Isar in Bayern gebracht werden – Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) war es noch gelungen, Hendricks um zwei Castoren herunterzuhandeln. Die übrigen Behälter sollen in Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Philippsburg (Baden-Württemberg) unterkommen, und zwar so lange, bis ein Endlager für hochradioaktiven Müll in Betrieb geht.
Sylvia Kotting-Uhl, Grüne
Der Verteilungsplan steht nun seit zwei Jahren, genauso lange ist das Konzept den AKW-Betreibern bekannt. Diese sehen allerdings keinen Grund zur Eile. Genehmigungen würden in der Regel etwa ein Jahr vor dem geplanten Transport beantragt, sagte der Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), Michael Köbl, auf taz-Anfrage. Für die anstehenden Transporte seien sie also noch nicht erforderlich. Die GNS wickelt die Atommülltransporte für die Betreiber ab und betreibt die zentralen Zwischenlager in Gorleben und Ahaus.
Atomkraftgegner kritisieren die Verzögerung. Anstatt Verantwortung zu übernehmen, klagten die Konzerne sogar gegen die Regelung. „Die AKW-Betreiber verhalten sich schäbig“, sagte Kotting-Uhl der taz. Anstatt möglichst konstruktiv zum Neustart der Endlagersuche beizutragen, hätten sie vier Jahre nach Beschluss des ersten Endlagersuchgesetzes und zwei Jahre nach Vorlage des Konzepts des Umweltministerium immer noch keine Anträge gestellt. Vielmehr hätten sie sich jahrelang juristisch quergelegt und so den Neustart belastet.
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