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Deutsche Wohnen in der KritikMieterwut im Rathaus Kreuzberg

Auf der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg machen Mieter:innen der Deutschen Wohnen ihrem Ärger Luft.

Es geht, mal wieder, um die Deutsche Wohnen Foto: dpa

Berlin taz | Für Florian Schmidt, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, ist es eine ungewöhnliche Situation. An diesem Mittwochabend wird gegen ihn, der in der Mieterbewegung sonst hohes Ansehen genießt, von den Publikumsplätzen der Bezirksverordnetenversammlung gewettert, bis Vorsteherin Kristine Jaath die Zwischenrufer:innen zur Ruhe mahnen muss.

Es sind wütende Mieter:innen der Lobeckstraße 64, ein Hochhaus, das die Deutsche Wohnen energetisch modernisieren will – anschließend winken Mieterhöhungen von bis zu 20 Prozent. Doch die Bewohnerschaft ist renitent: Nicht nur haben 31 Mietparteien ihre Zustimmung zu den Maßnahmen verweigert, auch werfen sie dem Bezirk vor, in der Sache seinen Pflichten nicht nachgekommen zu sein.

Denn die Lobeckstraße 64 liegt in einem Milieuschutzgebiet – energetische Modernisierungen sind hier zwar möglich, der Bezirk muss aber zustimmen und die Bewohnerschaft im Vorfeld informieren. „Wir wurden aber nicht informiert, und wir sehen auch, dass bei den Maßnahmen Modernisierung und Instandhaltung willkürlich vermischt werden“, sagt Mieter Martin Schönau, der die Anwohneranfrage vorgetragen hat, zur taz.

Verhandlungen vor Gericht

So sieht es auch Ingrid Schwabe, die zu dem großen Teil der Mieterschaft gehört, der bereits seit Jahrzehnten in dem Haus wohnt. Von 1976 bis zu ihrer Rente 2010 war sie in der Lobeckstraße 64 als Hausmeisterin tätig und habe dabei zusehen müssen, wie das Haus aufgrund mangelnder Instandsetzung verfallen sei. „Jahrelang mussten wir damit leben, und jetzt wollen sie uns Mieter für die Arbeiten bezahlen lassen“, sagt sie.

Florian Schmidt weist den Vorwurf, der Bezirk habe nicht rechtzeitig informiert, in seiner Antwort in der Bezirksverordnetenversammlung von sich: Vor Beginn der Arbeiten sei ein Brief an die Bewohner gegangen, außerdem hätten sich diese auf Anwohnerversammlungen der Otto-Suhr-Siedlung informieren können. „Ein Schuss in den Ofen“, nennt Ingrid Schwabe diese Antwort – den Brief habe es nicht gegeben, in Verhandlungen zwischen Bezirk und Deutsche Wohnen sei die Mieterschaft nicht eingebunden gewesen, und zur Otto-Suhr-Siedlung gehöre die anliegende Lobeckstraße nun mal nicht.

Ihrem Vermieter werden Ingrid Schwabe, Martin Schönau und die anderen kämpferischen Mieter:innen in den nächsten Wochen vor Gericht begegnen: Die Deutsche Wohnen versucht, ihre Zustimmung zu den Modernisierungsmaßnahmen mit einer Duldungsklage zu erzwingen. „Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen, sondern weiterhin gemeinsam alles versuchen, was wir tun können“, sagt Ingrid Schwabe.

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2 Kommentare

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  • 0G
    07301 (Profil gelöscht)

    Ein echter Schmidt eben.

  • Ich wohne in einer gemischten Gegend - Sozialwohnungen, Genossenschaftsbauten, Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen ... Die Besitzer der Einfamilienhäuser haben Garagen auf ihrem Grund, die Besitzer der Eigentumswohnungen eine große Tiefgarage unter den Gebäuden. Wer Anwohnerparkausweise kaufen muss, sind die anderen ... deswegen trifft eine Erhöhung der Gebühren hier die Leute, die ohnehin wenig Geld haben. Dann können die Ärmeren ja ihre Autos abschaffen, der Umwelt zuliebe. Ich (Genossenschaftsbau) bin auf das Auto angewiesen, weil meine Arbeitsstelle nicht mit ÖPNV in vertretbarem Aufwand zu erreichen ist. Und es macht mir natürlich total Spaß jeden Tag zu pendeln und ich mache das nur, weil ich mich weigere für einen lokalen Arbeitgeber zu arbeiten und die Umwelt schädigen will.