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Deutsche-Wohnen-Aktionär zu Enteignung„Die Mieter haben nichts davon“

Volker Sinks ist Kleinaktionär der Deutschen Wohnen. Er kritisiert die Geschäftspraktiken des Konzerns. Doch die Pläne zu einer Enteignung lehnt Sinks entschieden ab.

Im Fall einer Enteignung wäre die Geschäftsgrundlage des Unternehmens weg, stellt Volker Sinks fest Foto: photcase/complize
Anja Maier
Interview von Anja Maier

taz: Herr Sinks, eine Initiative in Berlin will den Immobilienkonzern Deutsche Wohnen (DW) enteignen lassen, um die Wohnungsfrage zu lösen. Sie sind Aktionär der DW. Haben Sie Angst vor der Enteignung?

Volker Sinks: Nein, die habe ich nicht. Ich bin Kleinaktio­när, habe mich auch schon von einem Teil meiner DW-­Aktien getrennt. Und Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber. Wenn Sie mich fragen: Die DW würde vielleicht sogar einen Schnitt machen, wenn sie enteignet würde.

Wie kommen Sie darauf?

Eine Entschädigung würde sich nicht am Kaufwert orientieren, sondern mit Sicherheit am Zeitwert. Der Nachteil für das Unternehmen wäre allerdings, dass im Fall einer Enteignung die Geschäftsgrundlage weg wäre.

Das klingt, als fänden Sie eine Enteignung gar nicht so abwegig.

Vorstellen kann ich mir das. Es wird mit Recht argumentiert, dass die Möglichkeit nicht nur bestehe, wenn es um den Bau von Autobahnen geht. Aber klar, ich wäre nicht dafür. Denn die Wohnungen würden dann in die öffentliche Hand über­gehen; es müsste eine Gesellschaft gegründet werden – und die bekäme einen Geschäftsführer. Jeder kann sich denken, wie solch ein Posten vergeben würde. Es fände sich sicher ein verdienter Politiker. Ob der dann auch geeignet wäre, daran habe ich meine Zweifel. Meine Meinung.

Im Interview: Volker Sinks

76, lebt in Pfungstadt (Hessen). Der Rentner hat 2016 Aktien der Deutsche Wohnen gekauft.

Aber die Wohnungen wären dann in öffentlichem Eigentum.

Ach, da wird prozessiert bis zum letzten Gericht, und die Mieter haben nichts davon.

Warum haben Sie vor drei Jahren DW-Aktien gekauft?

Ich hatte vorher Aktien der Vonovia. Die kam dann aber ins Gerede, weil die ihre Mieter so hart behandelt haben, da habe ich sie verkauft. Dann habe ich mir den Geschäftsbericht der DW angeschaut, der hat mich überzeugt. Da ging es um Augenhöhe mit den Mietern, um soziale Verantwortung. Das war mir sympathisch.

Aus Ihnen ist mittlerweile ein kritischer Aktionär geworden. Warum?

Ich bin bei der Hauptversammlung letztes Jahr in Frankfurt von einer Journalistin des RBB angesprochen wurde, die zur DW recherchiert hat. Durch sie habe ich erfahren, wie die DW mit ihren Mietern umgeht. Ich hatte aber auch schon vorher Bedenken. Bei der Hauptversammlung hatte mir nämlich niemand richtig erklären können, wie der Zusammenhang ist zwischen Instandhaltungskosten und Modernisierungsumlagen für die Mieter.

Sie sind dann nach Berlin gereist und haben sich mit DW-Mietern getroffen. Wie war das?

Da wurden mir die Augen geöffnet. Eine Frau hat mir das vierzigseitige Ankündigungsschreiben für die Modernisierung ihrer Wohnung gezeigt. Das war eine Art, die Mieter mit Informationen zu erschlagen, die machte mich misstrauisch. Zum anderen wurde auf die Mieterin Termindruck gemacht. Einzelgespräche sollten teilweise erst nach ihrer Zustimmung stattfinden. Und: Trotz der energetischen Sanierung wurden der Mieterin höhere Energiekosten angekündigt: circa 20 Euro zusätzlich bei einer Mieterhöhung von etwa 240 Euro für Energiesparmaßnahmen. Da kann doch irgendwas nicht stimmen. Ich finde, so sollte man nicht mit Leuten umgehen. Da gibt es eine Verantwortung für das Unternehmen und damit Aktionäre wie mich.

Warum bleiben Sie DW-­Aktionär?

Weil ich dem Unternehmen bedenkenswerte Hinweise geben könnte. Ich bin nach dem RBB-Beitrag von der DW zum Gespräch eingeladen worden. Da habe ich den Teilnehmern alles im Detail erklärt, die Antwort hat mich nicht überzeugt. Gesagt wurde, das sei alles gutachterlich untersucht, alles habe seine Ordnung. Beim Thema CO2-Einsparung habe ich gesagt, dass man die Kosten dafür nicht als Modernisierung den Mietern aufbürden kann. Das geht doch nicht.

Wohnen ist ein großes Thema. Haben Sie Lösungsideen?

Ich würde vorschlagen, dass, wenn Geld in die Hand genommen wird, dann nicht, um die DW zu enteignen. Denn davon hätten die Mieter erst einmal gar nix. Wenn schon, dann könnten sie die Mieter unterstützen, zum Beispiel bei der energetischen Sanierung. Das wäre ein klimapolitisches Ziel, das gleichzeitig das Image der DW verbessern könnte. Und ich erwarte, dass die DW ihre Berechnungen der Modernisierungsumlage von neutraler Stelle untersuchen lässt. Die Zahlen müssen auf den Tisch.

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20 Kommentare

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  • Enteignung ist ja nicht umsonst, nein, sie ist sauteuer und ändert letztlich am Markt garnichts! Wie wäre es, wenn die Städte das Geld, welches sie als Entschädigung für die Enteignung an die Wohnungsbaugesellschaften bezahlen müssten, in eigene Wohn-Projekte stecken würde? Das entspannt den Markt und wird die Mieten bei den Wohnungsbaugesellschaften senken.



    Nur so haben alle Mieter was davon!

  • ich glaube, wenn die deutsche wohnen von berlin gekauft würde, müsste vlt gar keine neue gesellschaft gegründet werden, denn es gibt ja schon die städtischen gesellschaften, von denen d.w. die wohnungen vorher gekauft hatte. (d.w hat ja keine wohnung selber gebaut).

    das hat vorher auch geklappt, sicher nicht optimal, aber um größenordnungen besser als mit d.w.

    die idee, nur private könnten wohnungen verwalten, ist idiotisch. gegenbeispiele gibt es von heute, von vor zehn jahren, aus anderen großstädten geringeren mieten (wien).

    da ist es auch reine rethorische panikmache, falls dann wieder die ddr oder allgemein der sozialismus zitiert wird. davon sind wir so irre weit weg. das einzige, was heutzutage an planwirtschaft erinnert, ist amazon.

  • Die Gesellschaften würden sich schon rechtzeitig in kleinere mit maximal 3000 Wohnungen im Bestand aufspalten. Das Land würde dann allenfalls zusätzliche Grunderwerbsteuer einsacken, aber vermutlich lässt sich das ach umgehen.

    • @meerwind7:

      Sehr gut beobachtet. Auch Nebenkosten werden durch Beauftragung eigener Gesellschaften heute schon erhöht und dann gesetzeskonform umgelegt.

  • Habt Ihr das auch bemerkt? Da ist sie schon wieder, diese kleine, perfide Legende des Neoliberalen: "Staat = ineffizient. Wirtschaft = effizient".

    Versteckt im kleinen Abschnitt:

    "[...] es müsste eine Gesellschaft gegründet werden – und die bekäme einen Geschäftsführer [...] Es fände sich sicher ein verdienter Politiker. Ob der dann auch geeignet wäre [...]"

    Tja. So lange die "freie Wirtschaft" nur darin effizient ist, das Geld von unten nach oben zu verteilen, so lange kann sie mich mal. Was dabei herauskommt ist nicht die Art von Gesellschaft, in der ich leben will.

    Ich gehe da mit Funxx: alleine die Diskussion um die Enteignung hat viel gebracht. Jetzt nicht lockerlassen.

    • @tomás zerolo:

      Warum bei dem Punkt Vorstandposten für Politiker ohne Ahnung von der Materie hat er doch recht!

      Und öffentliche Gelder für die Entschädigung der Enteignung statt für Neubau einzusetzen ist auch eine ziemliche dumme Idee.

      • @insLot:

        Bauen, bauen. Das ist die Legende, die uns FDP & Co verkaufen wollen. Ja, Bauen, teurer machen (wenn's sein muss durch Klagen gegen den Mietspiegel, wie die DW selbst gerade vorführt) und dann Wohngeld erhöhen.

        Ein riesiger Staubsauger für Steuergelder in Richtung privatwirtschaft. Nein, danke.

        Enteignen (und *ehrlich* um die niedrigstmögliche Entschädigung ringen!) plus bauen. Kontrolle über den Markt behalten.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Die Mieter haben bereits jetzt etwas von der - folgerichtigen - Debatte um Enteignungen.



    Denn in den Vorständen der konzerne und der diese unterstützenden Parteien im Bundestag kehrt frischer Wind die Hirne.



    Wer Heute die Debatte im BT verfolgt hat und Herrn Lindners Miene sah, als seine "Argumente" zerpfückt wurden, ist im Bilde.



    die Mieter sollten allerdings nicht den Fehler machen, sich nun mit Minimalzugeständnissen von den Strassen und aus den Nachrichten entfernen zu lassen.



    Weiteren Druck. Mehr.

  • Das hört sich jetzt eher so an als sollten öffentliche Gelder den Aktienwert antreiben. Da denkt wohl einer eher an sein eigenes Auskommen.

  • Was ist hier bitte "Kleinaktionär"?

    • @Gerhard Krause:

      Unter 0,001 % Aktienanteil der AG.

  • Auch wenn es das eine oder andere Weltbild erschüttern mag:



    Kritische Aktionäre sind keine Ausnahmeerscheinung.

    • @Gregor Tobias:

      Was ist hier bitte "Kleinaktionär"?

    • @Gregor Tobias:

      Ich meine, ich weiß, was Sie meinen, und vor dieser Situation und Einstellung habe ich Respekt. Kritische Aktionäre sind jedoch meiner tiefen Überzeugung nach keine ausreichend kritischen Aktionäre. Diese sollten gar keine Aktien halten. Das ist die richtige Kritik - oder sie kaufen das Unternehmen komplett und machen es besser :-).

      • @Gerhard Krause:

        Das Großkapital muss sie zum knutschen finden.

        • @Gregor Tobias:

          Macht es auch, nur der S..e..x ist lausig. Liegt aber nicht an mir.



          Gestatten, Recht und Wirtschaft mein Name.

  • 9G
    94023 (Profil gelöscht)

    Ich vermute eine "Enteignung" wird tatsächlich stattfinden, jedoch mit einer Entschädigung, die einen realistischen Wert der Immobilien weit übersteigt. So wird Berlin sich weiter verschulden müssen, und wenn dann der Immobilienhype langsam abebbt oder sich ins Gegenteil verkehrt, dann hat Berlin tiefrote Zahlen in seiner Bilanz. Es werden vermutlich mal wieder solche Deals ausgehandelt, wo der Steuerzahler und Sparer am Ende bluten muss. Die Konzerne werden fein raus sein, sich in anderen auftrebenden Geschäftsfeldern betätigen. Wetten?

    • @94023 (Profil gelöscht):

      Da wette ich dagegen. Enteignung ist als letztes Mittel zulässig, nicht als erstes. Deswegen wird es wahrscheinlich nicht mal bis zur Klage kommen, womit zwar viel Geld gespart wird, der Ruf der Initiatoren ist aber gründlich ruiniert.

      • 9G
        94023 (Profil gelöscht)
        @Gregor Tobias:

        "Enteignung" ist nur die "Terminologie" für's Volk, am Ende kommt ein Deal heraus, an dem die Immobilienhaie verdienen, wetten?

        • @94023 (Profil gelöscht):

          Genau das befürchte ich auch. Die Schuld daran sehe ich aber in diesem Fall nicht beim Hai, sondern bei der Politik, der es nicht gelungen ist, eine funktionierende planwirtschaftliche Alternative entgegen zu stellen. Der Hai zahlt übrigens dieses Jahr voraussichtlich eine Dividende von 2,4%. Ob das obszön ist, soll Jeder für sich entscheiden.