Deutsche Meister werden nur BVB und FCB: Klein, aber nicht arm dran

Der SC Freiburg oder Union Berlin haben hervorragende Strukturen. Die wahren Underdogs sind ehemalige Großvereine.

Der SC Freiburg jubelt.

Die Hellgrünen waren 2009 mal Meister. Jubeln tun immer die anderen Foto: ap

Wie war das noch damals im Herbst 2008? Die Sportschau vom Samstag wies darauf hin: Die TSG 1899 Hoffenheim war das Team der Stunde; der von SAP-Geld gepamperte Aufsteiger schickte sich an, die Liga in Grund und Boden zu spielen und einen ähnlichen Husarenritt zu vollziehen wie Lautern 1998: als Aufsteiger Meister werden. Unvorstellbar, so etwas. Aber dann kamen die Bayern, duselten den Hoffenheimern ein 2:1 ein und holten die Überflieger wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Dass es in der Folge noch weiter runterging für die Computerblauen, lag an Vedad Ibišević, der sich in Winterpause schwer verletzt hatte, an Ralf Rangnick, der als Schlaumeiertrainer irgendwann doch alle nervte, und an fast allen anderen, denen der Erfolg zu Kopf gestiegen war. Luxuskarossen statt Sondereinheiten, das war ungefähr die Formel.

Auch im Herbst 2021 schickt sich wieder ein Team an, die Oberen zu ärgern – vielleicht sind es diesmal sogar zwei. Und doch haben sich die Voraussetzungen gleich doppelt verändert: Die rot-gelbe Dominanz an der Spitze ist viel zu groß und keinesfalls durch einen durchstartenden Underdog zu durchbrechen. Bayern und Dortmund werden die Meisterschaft mit Tendenz zu den Bayern und ihrer 10. Meisterschaft in Folge (man kann das nicht oft genug hinschreiben, aber aufwachen will bei der DFL anscheinend niemand) unter sich ausmachen; da kann der SC Freiburg, Underdog 1, noch so ein tolles Team, einen schlauen Trainer und ein perfektes Umfeld haben. Mehr als Platz 3 wird für die Breisgau-Brasilianer diesmal und künftig nicht drin sein. Das gilt auch für die Eisernen aus Berlin, dem zweiten Underdog.

Und zweitens – die Underdogs sind nur scheinbar welche. Der Sportclub aus Freiburg hat ein funkelnagelneues Stadion, eine gesetzte, verlässliche Zuschauerbasis, eine gute Reichweite, zahlungskräftige Sponsoren mit Zukunftsappeal, das mithin beste Ausbildungszentrum der Republik und genügend gestandene wie junge, hungrige Profis im Aufgebot.

Ähnliches gilt für Union Berlin. Die beiden Klubs haben Vorzeigestrukturen und können nur hoffen, dass nicht doch noch jemand auf die Idee kommt, die 50+1-Regel abzuschaffen, und es möglich macht, dass untergegangene Größen mit viel, viel Geld wieder aus den Niederungen des Unterhauses empor kriechen. In Gelsenkirchen, Hannover und Hamburg wartet man nur auf die Gelegenheit.

Die wahren Underdogs

Bis dahin sind das die wahren Underdogs: die ehemaligen Großvereine, die sich rund um die Jahrtausendwende verspekuliert haben und sich schon länger nicht mehr am großen Fleischtopf der Champions League laben können. Auch der SV Werder gehört dazu. Wie in der 1. Liga Gladbach, Frankfurt, der Effzeh, die Hertha. Underdogs mit Tradition, hier und da auch mal mit gutem Personal und Glücksgriffen für eine Saison, aber ohne die nötigen dauerhaften Strukturen, um mit Freiburg oder Union Berlin mithalten zu können. So sieht es nämlich aus.

In der Saison 2008/09 wurde am Ende übrigens der VfL Wolfsburg Deutscher Meister. Auch das ist, Autoweltmeister Deutschland hin oder her, nicht mehr vorstellbar. War ja auch eine einmalige Angelegenheit. Seit 2010 ist der Deutsche Meister gelb oder rot; das wird auch die nächsten Jahrzehnte so sein. Dass nämlich gleich zwei europäische Spitzenklubs in der Krise stecken und Platz machen für einen Dritten, das passiert höchstens in Spanien. Und selbst da ist es dann nicht der FC Valencia, der Meister wird. Das ist vielleicht auch die einzige Hoffnung, die sich die Anhänger des SC Freiburg machen können: Ein Atlético Madrid gibt es hierzulande nicht. Also einen zweiten Verein aus einer großen Fußballmetropole. Oder einen aus der unmittelbaren Nähe eines der großen. Der mit genügend Sogkraft mal an den zwei vorbeikommen könnte. Welcher Klub könnte das bloß sein?

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