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Deutsche GetreidewirtschaftWer verdient vom Korn bis zum Brot?

Von der Mühle zur Bäckerei: Welchen Weg nimmt Getreide – und profitieren dabei die Richtigen? Ein Überblick in fünf Schritten.

Foto: Miriam Klingl

Bei der Grünen Woche diskutieren in diesen Tagen Bäuer*innen, Po­li­ti­ke­r*in­nen und Firmen den Stand der Landwirtschaft in Deutschland. Ein besonders wichtiges Thema dabei im Anbetracht weltweiter Nahrungsmittelknappheit: Getreide. Aber wie funktioniert der Weg vom Saatgut bis zum Brot in Deutschland eigentlich genau?

Das Saatgut

Foto: stock.adobe.com

Boden und Klima bieten fast überall in Deutschland paradiesische Bedingungen für Weizen, Gerste, Roggen und Hafer. Aber welche Sorte wächst auf welchem Acker am besten? Den Landwirten stehen hierzulande knapp 400 Getreidesorten zum Anbau zur Verfügung. Manche sind für Backwerk geeignet, andere zum Brauen, als Futtermittel oder Kraftstoff. Weltweit wandert ein Fünftel des Getreides in den Futtertrog von Nutztieren, in Deutschland ist es etwa die Hälfte.

Eine Getreidepflanze muss dabei viel können: schnell wachsen, gut keimen, widerstandsfähig und winterhart sein und möglichst viele nährstoffreiche Ähren schieben. Circa 40 Prozent des Saatguts ziehen die Landwirte selbst, die übrigen 60 Prozent werden eingekauft. Während weltweit die vier Großkonzerne Bayer, Corteva, ChemChina und Limagrain den Markt kontrollieren, züchten in Deutschland eher mittelständische Betriebe die Pflanzen.

Der Anbau

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Auf rund 40 Prozent der deutschen Felder wird Getreide angebaut, die Hälfte davon ist Weizen. Um die Pflanzen optimal zu versorgen, muss der Boden nach der Aussaat fit gehalten werden. Er wird teilweise gedüngt und muss die immer häufigeren längeren Dürrezeiten überstehen. Je nach Getreide vergehen knapp zehn Monate Feldarbeit bis zur Ernte.

Entscheidend für die langfristige Fruchtbarkeit des Bodens ist dabei der Wechsel zwischen Saatgut, das im Frühling oder Herbst ausgesät wird, sowie der Fruchtwechsel. Da es auf einem landwirtschaftlichen Feld meist kein Nebeneinander der Pflanzen gibt, muss ein zeitliches Nacheinander geplant werden. Sonst gibt es Probleme mit Krankheiten, Schädlingen und Unkraut, wodurch die Erträge sinken. Auch wenn aufgrund des Kriegs in der Ukraine aktuell noch Weizen nach Weizen angebaut werden darf: Immer dieselben Pflanzen hält kein Boden auf Dauer aus.

Der Handel

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Die Ernte sollte schnell verkauft werden. Ansonsten muss das Korn in Silos gelagert und ständig auf Temperatur und Feuchtigkeit überprüft werden, damit es nicht schlecht wird. Ein kleiner Teil des Getreides geht direkt an lokale Mühlen, ein weiterer wird im eigenen Betrieb als Saatgut, Futter oder Energieträger genutzt. Der Großteil aber wird an den Agrarhandel verkauft, einer Zwischenstation zwischen Erzeugenden und Markt.

Der Preis für das Getreide richtet sich dabei nach Qualität, Reinheit, Feuchtigkeit sowie nach Angebot und Nachfrage, regional und weltweit. Die Folge: Der Preis schwankt heftig und häufig ohne erkennbares Muster. 2022 lag es allerdings zweifelsfrei am Krieg in der Ukraine: Die Preise stiegen um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr, im Mai erreichten sie den höchsten Stand seit 1990. Seitdem fallen die Preise wieder. Eine Orientierung für den Preis geben die Getreidebörsen, an denen Spekulierende mit großen Mengen handeln.

Die Mühle

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Ein paar Landwirtschaftsbetriebe mahlen und backen ihr Getreide selbst. Sie wissen genau, wo die Körner gewachsen sind, die im Brot stecken. Aber auch sonst stammt das Mehl in Deutschland vorrangig aus der Region, denn der teure Transport lohnt sich nicht. Nur etwa 5 Prozent des Weizens werden importiert. Der Großteil des Getreides wird in Mühlen gemahlen. Gab es 1950 bundesweit noch rund 19.000, sind es heute nur noch wenige hundert Mühlen. Und 20 davon kaufen über 80 Prozent der Getreideernte auf.

Die Mühlen prüfen das Getreide zunächst im Labor auf Reinheit und Eiweißgehalt und testen es bei Backversuchen. Wie viel Wasser nimmt es auf? Wie sehr klebt es? Nach der Reinigung wird das Getreide gemahlen: erst zu Schrot, dann zu Grieß, schließlich zu feinem Mehl. Für das beliebte Weizenmehl wird nur der Mehlkörper des Korns gemahlen. Es ist lange lagerfähig, aber nährstoffarm. Für das reichhaltigere Vollkornmehl werden auch Getreideschalen und Keimlinge vermahlen.

wochentaz

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Die Bäckerei

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In Säcken und Paketen abgefüllt, landet das Mehl schließlich in den Bäckereien und Großbetrieben für Backmischungen, Pizza und Co. Sie kaufen etwa 90 Prozent Weizenmehl ein, weil es am einfachsten zu verarbeiten und zu lagern ist und die Kundschaft Weißbrot liebt. Der Mehltyp einer Mehlsorte – zum Beispiel 405, 610 oder 1150 – richtet sich nach den enthaltenen Mineralstoffen: Mehl vom Typ 405 hat auf 100 Gramm gerechnet 405 Milligramm Mineralstoffe.

Die Qualität des Mehls zeigt sich spätestens beim Backen. Saatgut, Bodenqualität und Wetterverhältnisse wirken sich auf den Gehalt der Stärke, der Proteine und des Feuchtklebers im Mehl aus. Diese Eigenschaften entscheiden später, wie luftig das Backwerk ist, welchen Biss es hat, wie es schmeckt – aber natürlich nicht nur. Aus demselben Mehl lassen sich mit unterschiedlichem Aufwand verschiedene Backwerke herstellen. Manchmal darf ein Teig tagelang ruhen, mal rattert er rastlos durch die Backstraße.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Schön gemacht, hätte aber gerne noch tiefgehender sein können.

    • @Banane:

      Vor allen Dingen, weil die Frage aus der Überschrift nicht ansatzweise beantwortet wird, denn wer hier mit welchen Margen arbeitet, steht an keiner Stelle...

      • @Spin Point:

        Stimmt!