Deutsche Exporte: Gut fürs EU-Ausland?
Deutsche Exportüberschüsse schädigen die Wirtschaft in Nachbarländern nicht, sondern sichern dort Millionen Arbeitsplätze. Zumindest laut Prognos.
Die Debatte über die Exportstärke der bundesdeutschen Unternehmen spaltet Politik und Wirtschaftsforschung. Prominentester Kritiker ist US-Präsident Donald Trump. Er bemängelt, dass angeblich zu viele deutsche Fahrzeuge in die USA verkauft würden. Auch in europäischen Staaten regt sich Unmut angesichts der Verkaufserfolge hiesiger Unternehmen. 2016 erzielte die Bundesrepublik im Export 261 Milliarden Euro mehr, als für Importe ausgegeben wurden. Der Überschuss fiel mit 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erstaunlich hoch aus.
„Die Kritik, wonach die Stärke der deutschen Industrie zu Lasten anderer Staaten in der EU geht, ist völlig unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall: Die Nachfrage aus Deutschland sorgt für 4,8 Millionen Jobs in den anderen EU-Staaten“, sagte Bertram Brossardt, der Geschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW). Dieser Verband hatte die Prognos-Studie in Auftrag gegeben.
Die Logik hinter der These: Die hiesigen Firmen brauchen große Mengen an Vorprodukten und Teilen, die aus dem Ausland geliefert werden. Läuft die Wirtschaft hierzulande rund, profitieren davon auch Zulieferländer wie Polen, Tschechien, Österreich, die Niederlande oder Frankreich.
„Natürlich schafft die bundesdeutsche Wirtschaft durch ihre Nachfrage Arbeitsplätze im Ausland“, entgegnete IMK-Chef Horn. „Die Zahl könnte allerdings wesentlich höher ausfallen. Die nach wie vor zu geringen deutschen Importe verhindern, dass Firmen in den Nachbarländern wachsen und Stellen schaffen.“
Ändern ließe sich das, indem die Löhne der bundesdeutschen Arbeitnehmer und damit die Preise einheimischer Waren steigen. Das freilich lehnt die VBW ab – wie auch andere Wirtschaftsverbände. „In diesem Szenario würden besonders die Staaten leiden, die eng mit der deutschen Wirtschaft verbunden sind“, erklärte VBW-Chef Brossardt.
IMK-Forscher Horn sieht das anders: „Wenn die hiesigen Löhne stärker stiegen, würden deutsche Firmen im Ausland möglicherweise etwas weniger verkaufen. Dadurch könnten sich die Unternehmen der Nachbarländer besser entwickeln, und mehr Arbeitsplätze würden dort entstehen. Die höhere Nachfrage der bundesdeutschen Arbeitnehmer könnte zusätzlich für mehr Importe sorgen. Es käme zu einer gewissen gewünschten Verlagerung von Wachstum. Die Position der deutschen Wirtschaft wäre aber unter dem Strich keinesfalls bedroht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos