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Deutsche Eislauf-Union in der KriseSie bringen Eishallen zum Rocken

Zwei deutsche Paare zählen zu den Favoriten bei der Eiskunstlauf-WM im japanischen Saitama. Trotzdem ist längst nicht alles im Lot.

Vorzeigepärchen: Annika Hocke und Robert Kunkel bei den Deutschen Meisterschaften im Januar 2023 Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Berlin taz | Bei den Weltmeisterschaften im Eiskunstlauf, die diese Woche im japanischen Saitama ausgetragen werden, werden die deutschen Eiskunstlaufpaare Annika Hocke/Robert Kunkel aus Berlin sowie Alisa Efimova/Ruben Blommaert aus Oberstdorf zu den erfolgversprechenden Teilnehmenden gezählt. Den dritten und vierten der diesjährigen Europameisterschaften ist zuzutrauen, dass sie mit der starken Konkurrenz aus Übersee und Japan mithalten können. „Wenn beide Paare in den Top Ten landen, wäre das ein schöner Erfolg“, sagt Bundestrainer Rico Rex der taz.

Hocke/Kunkel, die in dieser Saison gemeinsam mit internationalen Spitzenpaaren in Italien trainieren, haben an Selbstbewusstsein und Ausdrucksstärke gewonnen. Sie bringen mit ihrem Kurzprogramm zu Abba-Melodien Eishallen zum Rocken, zeichnen sich durch Paarharmonie und hohes Ausdrucksvermögen aus. Im sportlichen Bereich können sie vor allem durch schwierige Würfe und Hebungen überzeugen.

Bei den Oberstdorfern Efimova/Blommaert, die erst seit dieser Saison gemeinsame Wettkämpfe bestreiten, bleibt abzuwarten, ob sie ihre Sprünge und ihre Wettkampfstabilität verbessern konnten.

Rus­s*in­nen fehlen

Wollte dieser Artikel nur erfolgversprechende Teilnehmende der Deutschen Eislauf-Union bei den Weltmeisterschaften vorstellen, müsste er hier eigentlich enden. Denn im Einzellauf und im Eistanz sind die Chancen der Deutschen auf eine Top-Platzierung trotz des Fehlens der starken russischen Konkurrenz nur gering. Haben bei den Frauen bei internationalen Wettkämpfen die starken Russinnen über Jahre dominiert, so sind in dieser Saison die Japanerinnen und Koreanerinnen und bei den Männern Amerikaner und Japaner diejenigen mit Aussicht auf Medaillen. Frauen aus Japan und Korea beherrschen Höchstschwierigkeiten, die lange fast nur Russinnen konnten, und kombinieren das mit enormem künstlerischem Ausdruck.

Zudem sind in Saitama SportlerInnen am Start, die in Russland geboren wurden und dort auch trainieren, aber für andere Nationen an den Start gehen, beispielsweise die für Georgien startende Europameisterin Anastassia Gubanowa und die starken Paarläufer Maria Pawlowa/Alexei Swjatschenko, die für Ungarn antreten. Weitere Russen oder ehemalige russische Staatsbürger, die in Japan am Start sind, haben inzwischen ihren Trainingsschwerpunkt in die Diaspora verlegt, auch um dem russischen Militärdienst zu entgehen.

Für die deutschen Männer tritt ebenfalls ein Russe an: Der 20-jährige Nikita Starostin startet allerdings schon seit Juniorentagen für die Deutsche Eislauf-Union, weil seine Mutter in Deutschland eine neue Liebe fand und mit dem Sohn hierherzog. Für den ausdrucksstarken Läufer, der in Dortmund und im belgischen Antwerpen trainiert, der sprungtechnisch aber nicht mit der Weltelite mithalten kann, sind es die zweiten Weltmeisterschaften. Im Vorjahr wurde er 22. Er will demnächst seine Einbürgerung beantragen.

Die Juniorenweltmeisterschaften im Februar im kanadischen Calgary haben gezeigt, dass es um die Zukunft deutscher EiskunstläuferInnen nicht allzu gut aussieht: Im Paarlaufen lagen beide deutsche Paare auf den letzten Plätzen, im Einzellauf erreichten sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen die StarterInnen der Deutschen Eislauf-Union nicht das Feld der besten 24. Das heißt, dass sie nur ihr Kurzprogramm zeigen durften und zur Kür nicht mehr zugelassen waren. Lediglich im Eistanz sieht es deutlich besser aus: Das Oberstdorfer Paar Darya Grimm/Michail Savitskiy gehört zu den weltbesten ihrer Altersgruppe.

Die düsteren Zukunftsaussichten deutscher Eisläuferinnen und Eisläufer werden auch durch die finanzielle Misere des Verbandes nicht besser. In der neuen Saison müssen Sportler die Reise- und Aufenthaltskosten zu den meisten Wettkämpfen für sich und ihre Trainer selbst zahlen.

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