Deutsche Bischofskonferenz: Rufe nach Reformen werden lauter
Der Limburger Bischof Georg Bätzing will die Forderungen des synodalen Wegs ernst nehmen. Initiativen verlangen schnellere Veränderungen.
Beim synodalen Weg hatten zuletzt konservative Bischöfe ein Grundlagendokument zur Sexualethik zum Scheitern gebracht. Bätzing sagte: „Es gibt Streit, das ist richtig.“ Die Bischöfe müssten sich hier nun zusammenraufen. Insgesamt sei der synodale Weg als Weg der Umkehr und Erneuerung der Kirche aber ein großer Erfolg.
Bätzing wies auch den Eindruck zurück, Papst Franziskus lehne dieses deutsche Sonderformat für innerkirchliche Beratungen ab. „Der Papst selber ist doch ein großer Reformer, insofern ist es keine gute Wahrnehmung zu sagen, er ist ein Gegner des synodalen Wegs“, sagte der Limburger Bischof.
„Er hat bestimmte kritische Anmerkungen gemacht, die hat er uns auch geschrieben.“ Etwa die Frage, ob Themen wie Evangelisierung oder Mission genug verortet seien. Die Verantwortlichen des synodalen Wegs würden aber sagen, es müssten zunächst die Strukturen gebaut werden, damit Menschen das Evangelium überhaupt noch annehmen könnten. „Darüber müssen wir immer wieder auch die Verständigung mit dem Papst suchen.“
Mangelnder Fortschritt bei Geschlechtergerechtigkeit
Bätzing wies auch Warnungen zurück, das deutsche Reformbestreben könne die Kirche spalten. „Es gibt dieses Auseinanderfallen ja, denn viele Menschen kehren der Kirche den Rücken – und das aufzuhalten, da zu hören, was diesen Menschen wichtig ist, ist mir ein großes Anliegen.“
Neben dem synodalen Weg steht auch der Missbrauchsskandal ein weiteres Mal auf der Tagesordnung des von Montag bis Donnerstag dauernden Treffens der Bischöfe im hessischen Fulda. Dort will der bisherige Missbrauchsbeauftragte, der Trierer Bischof Stefan Ackermann, sein Amt aufgeben. Bätzing kündigte eine Neustrukturierung an. „Es muss auf breitere und mehr Schultern gestellt werden“, sagte er. Die Kirche komme in eine ganz neue Phase mit Intervention, Prävention und Aufarbeitung und brauche dazu neue Struktur.
Zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz haben auch katholische Initiativen eine Beschleunigung des kirchlichen Reformprozesses gefordert. „Es geht uns nicht schnell genug beim Synodalen Weg“, sagte die Sprecherin der Reforminitiative „Wir sind Kirche“, Sigrid Grabmeier bei einer Online-Pressekonferenz. „Wir können nicht darauf warten, bis der Synodale Weg abgeschlossen ist und in Rom neue Weichen gestellt sind.“ Es gehe nun darum, neue Wege zu finden und auszuprobieren. Die Initiativen äußerten vor allem Unzufriedenheit über die mangelnden Fortschritte bei der Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche.
Die Gruppe der reformbereiten Bischöfe müsse im Zweifelsfall eine „Koalition der Willigen bilden, die schon einmal vorangeht“, erklärte Thomas Pöschl vom LSBT+Komitee. Bei der jüngsten Versammlung des kirchlichen Reformgremiums Synodaler Weg war Anfang September ein Reformbeschluss zur kirchlichen Sexualmoral an der Sperrminorität konservativer Bischöfe gescheitert. Pöschl forderte die fortschrittlichen Bischöfe auf, die Herbstvollversammlung dafür zu nutzen, ihre reformunwilligen Kollegen zu überzeugen.
Die Mehrheit der beteiligten Bischöfe hatte im September für den Reformbeschluss gestimmt, der erstmals homosexuelle Beziehungen sowie queere Menschen in der Kirche anerkennen sollte. Das reichte aber nicht aus, weil für den Beschluss eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe notwendig gewesen wäre.
„Wir erwarten, dass die Minderheit der Traditionalisten nicht die Mehrheit der Reformwilligen behindert“, forderte Angelika Fromm von der Aktion „Lila Stola“, die sich für den Zugang von Frauen zu geistlichen Ämtern in der katholischen Kirche einsetzt. „Gleiche Würde und gleiche Rechte für Frauen in der römisch-katholischen Kirche sind längst überfällig.“ Mutige und reformwillige Bischöfe könnten auf der Grundlage von Beschlüssen des Synodalen Wegs schon jetzt Frauen in sakramentale Dienste einbeziehen und als Leiterinnen von Gemeinden einsetzen.
Der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth forderte die Bischöfe auf, Voraussetzungen für die Unabhängigkeit der Betroffenenarbeit zu schaffen. Zudem kritisierte er die Verzögerungen bei der Veröffentlichung von Missbrauchsgutachten in einzelnen Bistümern. Hier sei auch der Gesetzgeber gefordert, einen rechtlichen Rahmen für die Aufarbeitung von Missbrauch in Institutionen zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen