Deutsche Bischofskonferenz: Woelkis menschliches Versagen
Kardinal Woelki hält das Gutachten über die sexualisierte Gewalt zurück. Die Kirche schuldet den Opfern eine schonungslose Aufklärung.
K aum ging es los mit der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), schon kam es zum ersten Paukenschlag: Das vakante Amt des Generalsekretärs, das traditionell ein Priester ausübt, wird künftig von einer Frau, der Theologin Beate Gilles, besetzt. Welch ein starkes Zeichen an die Gesellschaft und im Besonderen an die Bewegung Maria 2.0. Seht her, wir ändern etwas, heißt das Signal, auch wir besetzen Führungspositionen mit Frauen!Wir haben die Zeichen der Zeit verstanden und nehmen sie ernst!
In der Tat geschieht an der Basis, in den Gemeinden vor Ort viel. Schon seit den 1970er Jahren wurde unter dem Stichwort „Bewahrung der Schöpfung“ von den Kirchen auf die Veränderungen hingewiesen. Viele Gemeinden sind in der Hilfe und Unterstützung für Geflüchtete aktiv, nicht nur die Caritas kämpft für Menschen in prekären Lebenslagen. Viele Priester versuchen sich im Gendern, ungezählte Ehrenamtliche engagieren sich in Besuchsdiensten und in der Begleitung sterbender und trauernder Menschen. Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen.
ist 1960 in Kassel geboren und Diplomtheologe. Von 1988 bis 2002 übte er das Priesteramt aus. Seither arbeitet er als freier Trauerredner und Ethikdozent.
All diese vielfältigen Engagements aber verpuffen angesichts des Verhaltens von Rainer Maria Woelki. Der Kölner Kardinal hält das von ihm selbst in Auftrag gegebene Gutachten über die sexualisierte Gewalt in der Kirche in seiner Diözese unter Verschluss.
Unabhängig davon, ob er dafür sogar ehrenwerte persönliche Gründe haben mag, sind die Folgen verheerend. Scharenweise Kirchenaustritte, negative Schlagzeilen zuhauf, und vor allem: Die Opfer leiden weiter und kommen nicht zur Ruhe. Angekündigt war die schonungslose Aufklärung, und nur diese könnte noch immer den schlimmsten Schaden heilen. Das Gegenteil aber geschieht.
So kann der Kirche bei allem durchaus glaubwürdigen Bemühen der Befreiungsschlag nicht gelingen. Und ihre immer noch frohe Botschaft von einer Hoffnung über den Tod hinaus, die gerade nach einem Jahr Pandemie die Herzen vieler Menschen erreichen könnte – wer mag sie noch hören?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?