piwik no script img

Deutsche Bahn"Etappensieg" für Privatisierungsgegner

Die Gegner des Bahn-Verkaufs innerhalb der SPD setzen im Parteivorstand durch, eine Alternative zu prüfen. Eine Verzögerung ist wahrscheinlich.

Salomonische Idee der SPD-Linken: Bahnanteile werden verkauft, aber die Entscheidungsgewalt bleibt beim Bund. Bild: dpa

BERLIN taz Der Widerstand in der SPD gegen die geplante Privatisierung der Bahn wird stärker. Im Parteivorstand setzten die Kritiker der Regierungspläne am Montag durch, dass vor einer Entscheidung des Bundestages ein alternatives Modell geprüft werden kann. Damit dürfte der Plan des Verkehrsministeriums, das Gesetz noch vor dem SPD-Parteitag im Oktober durchs Parlament zu bringen, kaum mehr realisierbar sein.

Insgesamt 18 eher linke SPD-Vorstandsmitglieder - darunter Hermann Scheer, Niels Annen, Andrea Ypsilanti und Wolfgang Thierse - hatten einen gemeinsamen Antrag eingebracht. Den Plan, 49 Prozent der Bahn an Investoren zu verkaufen, lehnen sie darin ab; allenfalls dürften nichtstimmberechtigte Vorzugsaktien verkauft werden, hieß es in ihrem Antrag. Dadurch würde der Bund weiterhin die alleinige Entscheidungsgewalt bei der Bahn behalten.

Diese Formulierung wurde während der Vorstandssitzung deutlich entschärft. Nun wird die Bundestagsfraktion lediglich aufgefordert, ein solches Alternativmodell zu prüfen. Allerdings setzten die Kritiker durch, dass eine endgültige Entscheidung von Parteivorstand und Fraktion "erst im Licht des Ergebnisses dieser Überprüfung gefällt" werden darf.

Das sei zumindest ein "Etappensieg", sagte der SPD-Umweltexperte Hermann Scheer der taz. Seiner Ansicht nach ist dadurch sichergestellt, dass der bisherige Zeitplan von Kabinett und Fraktionsspitzen nicht mehr zu halten ist. Diese wollen versuchen, das Gesetz im Eilverfahren durch den Bundestag zu bringen, bevor der SPD-Parteitag vom 26. bis 28. Oktober über die Bahn-Privatisierung debattieren und abstimmen kann. "Nun wird es sich keiner mehr leisten können, das Gesetz in der bisherigen Form durchzudrücken", sagte Scheer. Anderenfalls drohten beim Parteitag "unvorhersehbare Konsequenzen".

Hintergrund der Kritik sind Grundsatzbedenken zur geplanten Teilprivatisierung der Bahn, die auch von den Bundesländern mit Skepsis gesehen wird. Sie fürchten vor allem, dass der für das kommende Jahr geplante Einstieg privater Großaktionäre dazu führt, dass künftig nur noch in Logistik oder profitable Hochgeschwindigkeitsstrecken investiert und die breite regionale Abdeckung vernachlässigt wird. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit schloss sich der Kritik an: "Ich habe große Bedenken gegen diese Form der Privatisierung", sagte er vor der Sitzung des Parteivorstands.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • SL
    Steffen Leuschke

    Es ist geradezu unglaublich, daß solcher wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Unsinn in der TAZ gedruckt wird. Setzen, Sechs - das ist die richtige Bewertung für einen Artikel, der die Privatisierung der Bahn begrüßt und auf die (bei Struck - Fraktionsvorsitzender - nachzulesenden) politischen Festschreibungen der Großkoalitionäre nicht eingeht. Statt dessen Volks-Aktie ? Die Bahn IST Volksvermögen. Genau das muß mal gesagt werden. Der Autor ist hoffnungslos überfordert mit seiner Aufgabe, komplexe Zusammenhänge darzustellen. Unfreundliche Grüße Steffen Leuschke