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Deutsch-griechische Beziehungen„Unauslöschliche Schuld“

Bundespräsident Steinmeier thematisiert bei seinem Staatsbesuch deutsche Kriegsverbrechen, lehnt aber griechische Forderungen nach Reparationen ab.

36892277.jpg Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Ankunft in Thessaloniki an Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Athen taz | Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Dienstagmittag zu seinem dreitägigen Staatsbesuch im griechischen Thessaloniki eintrifft, strahlt die Sonne. Zu seinen leichteren Übungen dort dürfte die „Würdigung der Rolle (Griechenlands) beim Schutz der EU-Außengrenzen vor illegaler Migration“ zählen. Dafür ist der Besuch des Flüchtlingslagers in Malakasa nahe Athen geplant.

Für Irritationen sorgen zwar die jüngsten deutschen Grenzkontrollmaßnahmen. Ängste versuchte Steinmeier aber schon vorab zu zerstreuen: „Ich setze große Hoffnung in das gemeinsame europäische Asylsystem. Es wird keine Alleingänge geben, sondern ein mit unseren EU-Partnern eng abgestimmtes Vorgehen“, sagte er der Athener Zeitung Ta Nea.

Ferner will Steinmeier das Goethe-Institut in Thessaloniki, das Deutsche Archäologische Institut in Athen, ein Tourismusprojekt sowie einen deutschen Industriebetrieb besuchen – für deutsche Offizielle ein übliches Routineprogramm.

Steinmeier scheut auch nicht das hierzulande dunkelste deutsche Kapitel: die Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland. Seine erste Station ist am Dienstag das im Bau befindliche Holocaust-Museum in Thessaloniki, von Berlin mit zehn Millionen Euro teilfinanziert.

Besuch im von der Wehrmacht zerstörten Kandanos

In Thessaloniki, bis Anfang des 20. Jahrhunderts das „Jerusalem des Balkans“, stellten die sephardischen (aus Spanien stammenden) Juden vom 15. Jahrhundert an das Gros der Bewohner. 1943 wurden 56.000 Juden nach ­Auschwitz und Bergen-Belsen transportiert, 49.000 wurden ermordet.

Griechenland litt ab dem 6. April 1941 stark unter der deutschen Besatzung: Die Bevölkerung schrumpfte um 1,1 Millionen oder 13,5 Prozent – so viel wie sonst nirgends in Europa. 400.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt.

Doch die Griechen, allen voran Linke, leisteten erbitterten Widerstand. Als die deutschen Besatzer am 12. Oktober 1944 abzogen, hinterließen sie mehr als 100 aus Vergeltung zerstörte Dörfer.

Das am 3. Juni 1941 zerstörte Kandanos auf Kreta besucht Steinmeier am Donnerstag. Proteste sind schon angekündigt. Dort sind die NS-Kriegsverbrechen unvergessen. Auf einer Tafel im Ort erklärten die Nazis: „Zur Vergeltung der bestialischen Ermordung eines Fallschirmjägerzuges und eines Pionierhalbzuges durch bewaffnete Männer und Frauen aus dem Hinterhalt wurde Kandanos zerstört.“

Aristomenis Syngelakis vom Nationalrat für die Entschädigungen und Reparationen (ESDOGE) sagte der taz: „Der Besuch in Kandanos könnte sich als historisch bedeutsam erweisen, falls der deutsche Staatspräsident die Chance ergreift, sich ohne Umschweife für die abscheulichen Naziverbrechen in Griechenland zu entschuldigen und die deutsche Regierung aufzufordern, endlich die Verantwortung für das Leid, die Trauer, Plünderung und Zerstörung unserer Heimat durch das Dritte Reich zu übernehmen.“

Premier Misotakis will Verhältnis zu Berlin nicht „vergiften“

Reue werde nur durch „die Rückzahlung der unverjährten und dokumentierten deutschen Verbindlichkeiten an Griechenland erfolgen“, so Syngelakis. Er verlor damals fünf nahe Angehörige. „Das bedeutet die Zahlung von Reparationen an die Familien der Opfer der Nazi-Gräueltaten, Reparationen an den Staat, die Rückzahlung der Zwangsanleihe und die Rückführung archäologischer und anderer geraubter Kulturschätze.“

Das Verhältnis mit Berlin soll nicht vergiftet werden

Premier Kyriakos Mitsotakis

Unter dem linken Premier Alexis Tsipras beschloss das Parlament im April 2019, dass die Frage von Entschädigungen und Reparationen „offen und aktiv“ bleibe. Es handele sich um eine „unauslöschliche Schuld“. Der griechische Staat habe „nie und in keiner Weise auf seine Forderungen verzichtet“, „eine Frage der Verjährung der Forderungen stellt sich nicht.“ Athen beziffert die deutsche Schuld samt Zinsen auf über 400 Milliarden Euro.

Premier Kyriakos Mitsotakis ­empfängt Steinmeier am Mittwoch in Athen. Seine konservative Nea Dimokratia hatte einst auch für die Reparationsforderungen gestimmt. Seit Juli 2019 im Amt, tut der Premier aber in der Sache nichts. Das Verhältnis zu Berlin solle nicht „vergiftet“ werden.

Steinmeier stellte vor der Ankunft klar: „Die Frage der Reparationen ist für unser Land völkerrechtlich abgeschlossen, die Frage unserer Geschichte dagegen wird es nie sein.“

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3 Kommentare

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  • Keine Lust für die Nazis zu bezahlen.

    • @Resopal77:

      Das hat damit nichts tun !

      Sobald man dieses Fass aufmacht, wird keiner seines Lebens mehr froh.

      Denn dann werden alle von allen für etwas aus der Vergangenheit Reparationen verlangen.

      Viel Spaß mit dem Unfrieden der damit gestiftet wird.

  • Ach was! ©️ Loriot 💯💯💯 & a 🥱 & a 🥱 -

    “Steinmeier stellte vor der Ankunft klar: „Die Frage der Reparationen ist für unser Land völkerrechtlich abgeschlossen, die Frage unserer Geschichte dagegen wird es nie sein.“



    Ersteres könnte der Seminarjungspund besser wissen. Statt Häuptling Silberlocke Gauck fortzustricken. Dem ein ebenfalls einst Uni Mbg.



    Es mal rechtlich sauber - am Beispiel 🇮🇹 & 🇬🇷 reingerieben hat.



    “OFFENER BRIEF An den Herren Bundespräsident Gauck – Rechtsanwalt-Avvocato Dr.Joachim Lau , 50122 Firenze , Via delle Farine 2 4.2.2015 -



    tazelwurm.de/?s=Joachim+Lau



    Ausriß “…Nach Artikel 28 des Londoner Schuldenabkommens ist dagegen die Forderung des griechischen Staates bei einem internationalen Schiedsgericht zu regeln, welches derzeit noch seinen Sitz in Koblenz hat.



    Die Tatsache, daß sich Deutschland bei Individualklagen vor ausländischen Gerichten bisher erfolgreich mit dem Immunitätseinwand verteidigen konnte und dieser Einwand durch das Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 3.2.2012 sogar bestätigt wurde, wird jedoch weder den Lauf der Geschichte noch das Londoner Abkommen von 1953 ändern können.…“

    So geht das



    (Kenne? - sage nur M. Kurnaz;(