Deutsch-französisches Treffen in Hamburg: Macron unter Druck wegen Strompreis

Beim deutsch-französischen Treffen gibt es Konflikte. Paris ärgert sich über die Ampel, die wenig Verständnis für die Reform des Energiemarkts hat.

Präsident Macron und Kanzler Scholz.

Präsident Macron mit Kanzler Scholz bei einem Besuch des Hamburger Airbus-Werks am 9. Oktober Foto: Kay Nietfeld/dpa

PARIS taz | Die Stimmung vor dem deutsch-französischen Regierungstreffen am Montag und Dienstag in Hamburg war nicht gerade optimistisch. In Paris wurde offen über die Verständigungsprobleme mit Berlin geschimpft: „Keiner ist mit dem anderen gleicher Meinung, statt Europa vorwärtszubringen, erschöpfen wir uns mit Verhandlungen, bei denen wir aber nie wissen, wer (dort) das letzte Wort hat“, hieß es im Elysée-Palast laut der Tageszeitung Libération vor der Abreise von Staatspräsident Emmanuel Macron.

Die wirtschaftspolitischen Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland häufen sich in den Bereichen Energie, Rüstung und Industrie. Innenpolitisch steht die französische Staatsführung wegen der Strompreise unter Druck. Sie muss fürchten, dass sie bei anhaltender Inflation zum Hauptthema bei den Europawahlen werden. Seit zwei Jahren fordern Oppositionsparteien, dass Frankreich mit der bisherigen, erdgasindexierten Preisbildung des europäischen Strommarktes bricht.

Der Fraktionschef der konservativen Les Républicains Olivier Marleix schlägt vor, den europäischen Strommarkt zu verlassen, statt sich „wie eine Geisel“ zu verhalten. Gleiches fordert die linke Partei La France insoumise. Und für das rechtsextreme Rassemblement national meint der Abgeordnete Jean-Philippe Tanguy schadenfroh, Macron sei „in seine eigene Falle gegangen, weil er eine große Reform ankündigte, die dann nicht kam“.

Im Kern geht es nicht nur um das System der Preisbildung, das als besonders nachteilig für Frankreich erachtet wird, sondern auch um die Atomkraft und die – scheinbar – günstigen Tarife für französische Verbraucher. Die künstliche Verbilligung der teuren importierten Elektrizität durch finanzielle Zuwendungen für Haushalte und Unternehmen geht zulasten der Staatsfinanzen: 2022 betrug der BIP-Anteil der Schulden 112 Prozent.

Konflikt um Strommarkt

Als im letzten Winter ein Großteil der AKWs wegen Pannen, Inspektionen oder Wartung stillstanden, musste Frankreich kostspieligen Strom aus Gaskraftwerken importieren. Mit dem Austritt aus dem Strommarkt könnte Frankreich die Tarife selber bestimmen.

Auch der Ex-Grüne und zum Macron-Lager zählende EU-Abgeordnete Pascal Canfin schlägt in der Tageszeitung Le Monde nationale Töne an: „Wenn es uns nicht gelingt, auf europäischer Ebene eine Reform durchzusetzen, nehmen wir die Sache auf französischem Niveau in die Hand.“

Zu dieser Perspektive hatte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire eine dramatisch klingende Antwort: „Ein Austritt aus dem Strommarkt ist schlicht ein Austritt aus der EU. Genauso hat der Brexit begonnen.“

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