Designierter neuer Präsident Perus: Der Albtraum der Fujimoristas
Der Marxist Pedro Castillo wird wohl neuer Präsident in Peru. Er sollte zeigen, dass er aus den Fehlern seines Vorbilds Hugo Chávez gelernt hat.
N och ist das Wahlergebnis nicht offiziell, aber am Vorsprung von rund 72.000 Stimmen nach Auszählung von 99,8 Prozent der Stimmen lässt sich nicht mehr rütteln. Der marxistische Dorfschullehrer Pedro Castillo wird neuer Präsident Perus. Keiko Fujimori hat damit zum zweiten Mal nach 2016 das Nachsehen. Diesmal wird sie das aber teuer zu stehen kommen, denn auf die 46-Jährige warten mehrere Prozesse wegen illegaler Wahlkampffinanzierung und Korruption.
Genau deshalb zieht die Tochter von Ex-Diktator Alberto Fujimori alle Register, um an Castillos Wahlsieg zu rütteln. Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung hat sie moniert, obwohl internationale Wahlbeobachter und auch der Chef des Wahlgerichts, Jorge Salas, den Urnengang als sauber bezeichnen.
Vor der Beschädigung der peruanischen Demokratie warnte Salas, doch die ist nach unzähligen Korruptionsskandalen ohnehin höchst fragil. Im Parlament, wo die Partei Perú Libre (Freies Peru) von Castillo mit 37 Sitzen die stärkste Fraktion stellt, hat sich längst eine konservative Mehrheit formiert. Die wird dem politisch unerfahrenen designierten Präsidenten Paroli bieten – und auch das Gros der Unternehmer und die Spitze der Militärs gelten als Fujimoristas.
Das Regieren könnte für den Dorfschullehrer, der der weißen Elite aufgrund von Herkunft und Ausbildung national und mehr noch international nicht als präsentabel gilt, überaus schwer werden. Gerüchte, dass die Militärs den 51-Jährigen noch vor der Vereidigung aus dem Amt putschen könnten, kursieren derzeit in Lima. Eine Großbank bietet ihren Kunden bereits an, ihr Vermögen bei Geldhäusern im Ausland in Sicherheit zu bringen.
Kapitalflucht aus Angst vor dem Kommunisten vom Land könnte das Finanzsystem Perus unter Druck setzen – so wie 1999 in Venezuela nach der Vereidigung von Hugo Chávez. Der einstige charismatische Venezolaner zählt zu den politischen Vorbildern von Pedro Castillo. Er kann nun zeigen, dass er aus dessen Fehlern gelernt hat. Die versöhnlichen Töne an die Adresse der Unternehmer sind dafür ein erstes Indiz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden