Design-Desaster in der U-Bahn: Ein Dorn im Auge weniger
Ein Designerpaar will der BVG ein neues Brandenburger Tor schenken - bei dem man endlich keine Angst mehr um die Standfestigkeit haben muss.
Ästhetikern waren sie schon lange ein Dorn im Auge: die Brandenburger Tore, die in Berlin nahezu jedes U-Bahn-Fenster zieren. Nicht weil sie den Ausblick auf die Tunnel versperren, sondern wegen ihrer Proportionen: „Die Perspektive stimmt nicht, die Pfeiler beginnen nicht auf einer Linie, und die Umrisse des Tors sind unterschiedlich dick“, bemängelt Grafikdesignerin Melisa Karakus. Und ihr Partner und Arbeitskollege Danny Schuster meint: „Es ist halt die ganze Zeit so ein unterschwelliger pain in the ass.“ Deshalb hat sich das Paar, das seit einem Jahr ein kleines Grafikdesignbüro in Berlin betreibt, selbst des Problems angenommen und einen eigenen Entwurf gestaltet: „Wir haben uns große Mühe gegeben, dass man die Ähnlichkeit mit dem Original erkennt“, so Schuster.
Dass die Berliner U-Bahn-Fenster mit den Toren beklebt sind, soll Scratching verhindern, das mutwillige Zerkratzen der Scheiben. Zur Fußball-WM 2006 begann die BVG, durchsichtige Folien, die auf die Scheiben geklebt werden, mit weißen Fußbällen zu bedrucken. 2008 löste das Brandenburger Tor die Fußbälle als Motiv ab.
Kritik für die Quadriga
Eineinhalb Monate haben Karakas und Schuster an dem neuen Tor gearbeitet, „aber es ist kein Fulltime-Job gewesen, wir haben da immer mal wieder dran gesessen“, erläutert Schuster. „Irgendwann hab ich gar nicht mehr richtig loslassen können.“ Vor zwei Wochen luden sie ihre Entwürfe auf die Internetplattform „Design made in Germany“ hoch, wo Designer und Laien über verschiedene Projekte diskutieren können, die von Grafikern eingereicht werden. „Die Reaktionen darauf waren total interessant“, erzählt Karakus. „Es ist halt nicht nur Gestaltung, sondern da stecken auch Emotionen drin!“ Und wie zum Beweis ergänzt Schuster: „Wir haben auch schon erste Kritiken an unserem Entwurf bekommen, zum Beispiel für die Quadriga.“
Für BVG-Pressesprecherin Petra Reetz ist das Thema nicht neu: „Es gab zwar in der Vergangenheit keine Massenbeschwerden, aber es waren schon einige Leute, die ihren Unmut zum Ausdruck gebracht haben.“ Darum hat die BVG reagiert: „Zurzeit werden die letzten Folien mit dem alten Motiv aufgebraucht, und ab März, spätestens April fahren dann die ersten Züge mit den neuen Brandenburger Toren durch die Stadt“, sagt Reetz. Der Entwurf von Melisa Karakus und Danny Schuster ist es allerdings nicht: „Unsere Grafikabteilung hat schon vorher selbst ein neues Tor gezeichnet.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“