Der sonntaz-Streit: „Wir werden die FDP vermissen“
„Satire ohne FDP ist wie Brüderle ohne Riesling“: Wie Satiriker die unterschiedlichen Ergebnisse der Bundestagswahl beurteilen.
Leere und Ruhe nach einem müden Wahlkampf. Nur fünf Bundestagssitze trennten Angela Merkel letztlich von der absoluten Mehrheit. Knapp, aber eben doch verfehlt. Ein mögliches Bündnis aus SPD, Linken und FDP scheint hingegen auch ausgeschlossen. Und mit der FDP flog die letzte willfährige Mehrheitsbeschafferin aus dem Parlament. Was bleibt also von dieser Bundestagswahl? Und wie sehen das eigentlich die Satiriker dieses Landes?
„Bundestagswahlen sind nur noch ein Relikt aus einer demokratischen Vergangenheit“, meint der Kabarettist Christoph Sieber, der es „schön findet, dass wir uns dieses Ritual trotzdem gönnen.“ Wenn Wahlen also keine Rolle mehr spielen, war dann überhaupt irgendwas letzten Sonntag? „Na klar“, sagt Jasmin Al-Safi von der NDR-Sendung Extra 3: „Satire ohne FDP, ist wie Brüderle ohne Riesling.“
Auch andere Humoristen sehen das so und sorgen sich im aktuellen sonntaz-Streit um Stoff für ihre Kabarett-Programme: „Ohne Brüderle und Roth sehe ich Schwarz für's Inhaltliche“, meint etwa Pierre M. Krause aus der Harald Schmidt Show.
Wer sind wir - und wenn ja wozu? Bange Fragen bei den Grünen nach der Bundestagswahl. Wie es dort jetzt weitergeht, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 28./29. September 2013 . Außerdem: Überall auf der Welt gehen die Menschen vor Wut auf die Straßen. Nur in Deutschland nicht. Warum? Und: Woodstock-Feeling: Das Womad-Festival im Kaukasus. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Andere freuen sich hingegen über das Ausscheiden der Liberalen. Dustin Hoffmann vom Berliner Landesvorstand der Satirepartei Die Partei sieht damit vor allem das eigene Wahlziel erreicht: „Uns ist es gelungen die größte der deutschen Spaßparteien aus dem Parlament zu befördern. Die Partei 'Die Partei' konnte erfolgreich so viele Zweitstimmen generieren, wie der FDP Stimmen zum Wiedereinzug ins Parlament fehlten“, sagt Hoffmann stolz.
Bundesweiter Plakat-Tsunami
War außer Trauer und Schadenfreude um die FDP denn sonst noch was? Für den Kabarettisten Willy Astor zumindest „viel hohle Phrasendresche und ein bundesweiter Plakat-Tsunami.“ Was diejenigen Deutschen, die gar nicht wählten, wohl gerne hätten, weiß Astor ganz genau: „Die wollen Alternativen, was 'Gescheidtes', den Klug-Glücks-Clan, Die Geissens als Kanzlertandem, Titten, Themen, Temperamente - Katzenberger als Busen-Ministerin mit Pressesprecherin Silly Kohn.“ Aber nun sei erstmal wieder nix, resigniert der Kabarettist.
Für den Satiriker Helmut Schleich liegt gerade darin Merkels Erfolgsrezept: „Die Merkel- Botschaft lautet: Wenn's uns wählt's, ändert sich nichts. Noch populistischer formuliert: Wir Deutschen müssen zusammenhalten.“ Am vergangenen Wahlkampf kritisiert Schleich vor allem die Sprache: Von "faulen Griechen“, „chaotischen Italienern" und „Autobahnmaut für Ausländer“ zu sprechen, schüre „latenten Fremdenhass“.
Schlag ins Gesicht
taz-Leser Moritz Müller ärgert vor allem die Uneinigkeit auf der politischen Linken: SPD und Grüne seien schlicht zu eitel um mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. Auch Anuschka Guttzeit sieht das so: „Dass SPD und Grüne diese Chance nicht ergreifen, ist ein Schlag ins Gesicht ihrer Wählerschaft.“
Rainer Winters, der den Streit per Mail kommentierte, schritt im Wahlkampf selbst zur Tat. 1.000 Anti-CDU-Postkarten ließ er auf eigene Kosten drucken und verteilte sie in Mainz an Passanten. „Um Nichtwähler zur Wahl zu bringen und linkes Wählerpotential zu aktivieren“, wie er selbst sagt. Von überzeugten CDU-Wählern erhielt er die Karten oft postwendend zurück: „Wir wählen ohnehin, aber das Richtige.“
Die sonntaz-Frage beantworten außerdem die Kabarettisten Serdar Somuncu, Luise Kinseher und der in Österreich tätige Satiriker Dirk Stermann - in der aktuellen sonntaz von 28./29. September.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau