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Der sonntaz-StreitMüssen Eliten Vorbilder sein?

Abschreiben, Steuern hinterziehen – womöglich auch noch Falschparken: Am oberen Rand der Gesellschaft ist nicht alles eitel Sonnenschein.

Sich selbst am nächsten? Bild: dpa

Die Comic-Figur Spiderman handelt nach der Maxime: „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.“ Der amerikanische Superheld nutzt seine Macht, um die Welt immer wieder vor dem Bösen zu retten. Er ist deshalb für viele Menschen ein Idol. Auch deutsche Eliten haben Macht, doch im Gegensatz zu Spiderman gehen sie nicht gerade vorbildlich damit um.

2007 vergnügten sich die hundert besten Vertreter der Versicherung Hamburg-Mannheimer mit Prostituierten auf einer Sex-Party in Budapest.

Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer schmuggelte einen Teil ihres Vermögens am deutschen Fiskus vorbei in die Schweiz. Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß wurde wegen Steuerhinterziehung gerade zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Karl-Theodor zu Guttenberg hatte in seiner Doktorarbeit abgeschrieben und musste deswegen 2011 von seinem Amt als Verteidigungsminister zurücktreten. Im vergangenen Jahr musste Annette Schavan wegen einer Plagiatsaffäre ebenfalls ihren Ministerposten aufgegeben, am Donnerstag wird ihr Fall vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf verhandelt.

Skandale und Eskapaden

Deutschlands Eliten haben sich in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie stehen am obersten Rand der Gesellschaft und haben Macht. Doch statt sie verantwortungsvoll zu gebrauchen, nutzten sie ihre Position oft aus, kritisiert der „kleine Mann“. Statt für die finanzielle Umverteilung zu sorgen, mehrten sie oft nur ihren eigenen Reichtum. Statt mit positiven Beispiel vorauszugehen, fielen sie nur durch Skandale und Eskapaden auf.

Doch müssen Eliten überhaupt eine Vorbildfunktion erfüllen? Suchen wir unsere Rollenmodelle nicht ohnehin in unserem eigenen Umfeld? Eliten wären dann keine echten Vorbilder, sondern allenfalls ferne Idole.

Wer in die obersten Kreise der Gesellschaft aufgestiegen ist, hat viel geleistet und deshalb das Recht seinen Reichtum zu genießen, sagen die, die es geschafft haben. Die Dekadenz der Wohlhabenden prangerten doch meist nur Neider an.

Warum also müssen Eliten bessere Menschen sein? Warum sollten sie die Pflicht haben, mit besonders gutem Beispiel voranzugehen?

Sollten wir ihnen dieselben Schwächen zugestehen wie allen anderen Menschen oder müssen die Eliten Vorbilder sein?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 22./23. März 2014. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie gerne bis Mittwoch, 19. März, eine Mail an: streit@taz.de

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19 Kommentare

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  • Die Eliten werden immer als Vorbilder betrachtet, weil man denen unterstellt, die wären besonders fleißig, begabt, begnadet, motiviert oder was auch immer. Normalerweise schauen die Menschen zu diesen Leute nach Oben auf.

     

    Wenn's allerdings dauerhaft bei einem Tiefdruckgebiet für die Elite bleibt, dann geht der Lack ab und es fangen Menschen an, gegen 'die da Oben' zu stänkern.

     

    Das ist aber nur kulturell und verschwindet auch genauso schnell wieder. Wer hat ernsthaft Interesse, die nächsten zehn Jahre rund um die Uhr an einer neuen bürgerlichen Parteigründung zu arbeiten?

     

    Niemand. Das wäre aber der Weg der Revolte, denn die Masse ist weder besonders links, noch rechts, absolut nicht bereit, Gewalt einzusetzen oder konstant zu provoziere. Die Leute sind einfach nur genervt, gutes Beispiel sind die Plagiatsjäger: Bürgerliche Typen, die wissen, wie viele Menschen da Oben gemoggelt haben. Eine Revolution planen die deswegen aber auch nicht. Allerdings selektiert die unzufriedenen Gruppe ganz gut Betrüger aus und kann wahrscheinlich auf klammheimliche Freude bei einem großen Teil der Menschen rechnen.

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @Andreas_2020:

      "Niemand" - denn die (re)präsentive Masse / Mensch ist, durch Überproduktion von KM und Bildung zu SKM auf SBS, KONFUS-gespalten, seit der "Vertreibung" (Evolutionssprung), zur Funktionalität der Hierarchie in teils LOGISCH brutal-egoisierendem "Individualbewußtsein" von und zu materialistischer "Absicherung" - so wird, die eindeutig-zweifelsfreie / wirklich-wahrhaftige Menschlichkeit, im Kreislauf des geistigen Stillstandes, mit gleichbleibender Dummheit verwaltet, wo Möglichkeiten, in geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein, durch die Kraft des Geistes, Mensch fusionieren und weiter gestalten könnte!

       

      "... ganz gut Betrüger aus ..." - Betrüger??? Wo der Selbstbetrug im Zahlen von Steuern, "Sozial"-Versicherungen, usw., ziemlich offensichtlich seinen Ursprung hat???

  • „Schlechtes Beispiel verdirbt gute Sitten.“, sagte meine Mutter. Ja, wir bräuchten Haltung in den Kreisen gesellschaftlicher Elite, welche als Vorbild taugt. Solches Führungspersonal wäre mehr wert als alle Kirchen zusammen. Doch die gesellschaftliche Elite, mit ihrer Deutungshoheit über die Sprache, benutzt aufbauschende oder verharmlosende Begriffe und ist zu einer Neusprech-Kaste verkommen. Medien lassen diese Verlotterung der Sprache durchgehen und beteiligen sich vielfach sogar an der Desavouierung von Moral und Anstand. Eine führende gesellschaftliche Schicht, deren Mitglieder wahlweise, abwertend mit dem Begriff „Sozialschmarotzer“ oder, sich selbst erhöhend mit ihrem „Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung“, zynisch hantieren, ist gerade dabei ihre Vorbildfunktion und den Anspruch auf den Titel „Elite“ ziemlich endgültig zu verwirken. Sie sind nur noch reich und mächtig, nicht mal wert, dass man sie beneidet, (was sie doch so sehr wünschen). Es reimt sich Elite auf Niete.

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @lichtgestalt:

      Und "gute Sitte" ist: Möglichst nur von Frühstück bis Mittag denken / glauben zu können - die systemrational-gepflegte Glaubens- und Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein", in Bildung zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche (durch Staat & Kirchen)!? ;-)

       

      Krise bedeute dabeit: Die systemrationale Bewußtseinsbetäubung muß mit Überproduktion von Kommunikationsmüll nochmehr konfusioniert werden, weshalb die Medien mit wachsender Begeisterung den stumpf-, blöd- und wahnsinnigen Zeitgeist surfen, auch wenn es effektiv nur Praktikantenjobs im Niedriglohnsektor sind - Nieten werden in diesem Prozess deutlicher sichtbar, wenn man den vernunftbegabten Verstand noch nicht vollends in der "Vernunft" der kreislaufenden Hierarchie von und zu materialistischer "Absicherung" versenkt hat!?

      • @688 (Profil gelöscht):

        Wenn man schweißt

        und es reißt

        muss man Nieten.

        Was Eliten

        zusammen schweißt

        sind Nieten.

  • D
    D.J.

    Ich fand es stets überaus kindisch, etwa in Managern einer Sportfirma, deren herausragende gesellschaftliche Leistung darin besteht, Spielsöldner einzukaufen, Vorbilder - oder auch das Gegenteil - sehen zu wollen.

    Noch kindischer finde ich es, wenn das ÖR in in seinen unerträglichen Talkshows eben nicht (nur) Fachleute zu bestimmten Themen einlädt, sondern fachfremde "Vorbilder" (ebensolche Manager, Schaupieler usw.) ihre unmaßgebliche, selbstgerechte Meinung absondern lässt. An der sie dann gemessen werden.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    In der Welt- und "Werteordnung" des "freiheitlichen" Wettbewerbs um "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei", ist alles nicht nur im "gesunden" Konkurrenzdenken funktionalisiert, sondern ist alles BEWUßTSEINSBETÄUBUNG durch Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL, kreislaufend im geistigen Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies" (Evolutionssprung), die mit Bildung zu Suppenkaspermentalität auf stets systemrationaler Sündenbocksuche ausgefüllt wird - wer in dieser Konfusion nach einem Vorbild sucht, der kann doch nur ein Idiot sein!?

    • @688 (Profil gelöscht):

      ".. wer in dieser Konfusion nach einem Vorbild sucht, der kann doch nur ein Idiot sein!?" Einverstanden. Vorbilder sucht man nicht, die findet man. Und wie Meinungen muss mensch sie sich selbst "bilden". :-)

       

      Sie haben ja dieses Mal das goldene Kalb (aka „Gott Markt“) vergessen. Zur Produktion von systemrationalem Kommunikationsmüll kommt doch noch die Produktion echten Mülls, materieller Dinge, hinzu. Was Menschen produzieren um zu konsumieren.

      Und für alles gilt,

      dass Mensch gern vergisst,

      dass all dieser Mist

      auch Ressourcen frisst.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @lichtgestalt:

        Vergessen, daß alles, was Mensch (nun im "freiheitlichen" Wettbewerb) erschafft, Kommunikation ist, dabei die wichtigste Resource, die Kraft des Geistes, im Stillstand pflegt??? :-)

    • D
      D.J.
      @688 (Profil gelöscht):

      Hmm, auch ich wiederhole ab und an Kommentare, wenn mir eine Sache sehr wichtig ist. Aber Sie schreiben nunmehr seit einem gefühlten Jahr stets dieselben unverständlichen Dinge mit "Suppenkaspermentalität". Bitte, Verehrteste/r, lassen Sie uns an Ihrem Genie teilhaben und erläutern Sie Ihre gesellschaftskritische Analyse für uns intellektuell überforderte Außenstehende.

      • @D.J.:

        "Von allen Geistern die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last." (Goethe) Die Kommentare von HTO sind schon eine Herausforderung. Aber das schöne am Denksport ist, dass mensch immer gewinnt. Vielleicht nicht das Spiel, aber neue Einsichten in jedem Falle, auch wenn es manchmal nur die Kenntnis der eigenen Grenzen ist. Und gelegentlich gibt es ja auch Hilfestellung von HTO durch etwas Decodierung (s. unten).

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @688 (Profil gelöscht):

      “Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit gegen die nichts und niemand ankommt. Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von aussen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst. Der Dummheit ist nichts menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus.” (Alain Finkielkraut) *Zeitgeist / Bewußtsein

  • @ Slobo

     

    hat natürlich völlig recht mit seiner Frage -

     

    und Paul Nizan

    (Weggefährte von Paul Sartre

    und Simone de Beauvoire

    und ENAista)

    hat sehr fein-sinnig ironisch angemerkt -

     

    Wir sind die, die die, die das bezahlen,

    Eliten nennen.

     

    Wohin diese fortschreitende intellektuelle Verluderung dieser

    Republik führt, kann man an der gerade zu bewundernden

    intellektuellen Bauchlandung der Grünen fein studieren -

     

    die bürgerliche Klasse findet in rasanter Fahrt auch in ihren Residuen temporärer Unfrisiertheit zu sich selbst zurück und ist wieder vorrangig damit beschäftigt, die eigenen Pfründe zu sichern.

     

    Und ihr konservativ-reaktionärer Rest reibt sich unverholen die Hände.

     

    So geht´s -

    alles andere zäumt das Pferd vom Schwanz auf.

     

    Dafür alles Schlechte.

  • Die interessantere Fragestellung wäre doch: Müssen Eliten überhaupt sein?

    • @Ash:

      In einer Welt der autoritären Charakter- Ja.

      Die Eliten werden benutzt, um eigene Entscheidungen zu umgehen. Beim Versagen derer ist ein gefundener Sündenbock die Bestätigung für das eigene Ego, deren Grungerüst sich auf Angst vor Eigenverantwortung stützt. Der autoritäre Charakter bestätigt seine Moral, in dem er den Entscheidungsträger die Folgschaft entzieht.

      Ihre Frage ist trotzallem berechtigt, wenn man an der Erziehung eines Kindes ansetzt, die heute weitgehend die Eigenverantwortung des Heranwachsenden unterdrückt.

  • dumme Sache: Natürlich sind die 'Eliten' Vorbilder - und zugleich sind es mehr oder weniger 'ganz normale Menschen'. Und das ist auch gut so: Eine Überhöhung (als Übermensch, und sei es auch nur im Punkt Moral oder Verantwortungsbewusstsein) würde ja bedeuten, daß ihre Position gottgegeben und unabdingbar wäre - und die Position der 'Unteren' damit ebenfalls.

     

    Allerdings gilt hier wie dort: Gemessen wird am eigenen Anspruch! Und ein Großkopf, der sich dicke tut mit 'abendländischen, christlichen Werten' und so, der muß sich eben an diesen messen lassen.

    Da wiegt eine Lüge, ein Diebstahl eben doppelt und dreifach.

    Den Anspruch kann (und muss) sich jeder selber raussuchen - und dann danach handeln.

     

    Die Möglichkeit des Scheiterns ist inbegriffen.

  • Kurze Frage: Wieso werden Eliten gleichgesetzt mit Personen die zu den "obersten Kreise(n) der Gesellschaft" gehören, ergo Macht und Geld haben? Sind Eliten in diesem, engen Sinne, nicht gerade die nicht die Tugendhaften?

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Warum so zaghaft und brav taz? Benennt doch mal die Probleme etwas deutlicher:

    Ich bspw. habe mein Vermögen geerbt. Ich habe keinerlei Leistung dafür erbracht. In einer Leistungsgesellschaft ziemlich pervers, oder? Herr Westerwelle sprach doch vor einigen Jahren von spätrömischer Dekadenz und meinte nicht mich damit, sondern die unteren Transfereinkommensschichten. Das fand ich sehr amüsant. Die Erbschaftssteuer in Deutschland ist lächerlich gering. Aber aufgrund der GroKo habe ich auch weiterhin weder den Artikel 14 Absatz 2 des GG zu fürchten, noch Artikel 123 Absatz 3 in der Bayrischen Landesverfassung. Wie sagte doch bereits Warren Buffett:

    „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen" - NY Times 26.11.06

    Und da sich die mittleren und unteren Einkommensschichten lieber auf Ihrer Couch vom Dschungelcamp, DSDS oder sonst irgendeinem niveaulosen und mit keinem geistigen Nährwert ausgestatteten Fernsehformat berieseln lassen, werde ich auch zukünftig meinen Reichtum ohne Leistung genießen können. Danke ignorante deutsche Bevölkerung.

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Danke für die Ehrlichkeit du Elite;)

      aber mal ernst, ich glaub dass wenn von Elite gesprochen wird, schon eher die Weichensteller gemeint sind.

      Beitrag ist aber trotzdem gut